3. Etappe Tour of California
Herzlich Willkommen zum vierten Tag der Tour of California. Heute wird es zum ersten Mal in Sachen Gesamtwertung ernst. Es stehen sage und schreibe 5 Berge auf dem Programm, von denen der Mount Hamilton, der als Hors Catégorie eingestuft ist, wohl das größte Hindernis für die noch am Start stehen Fahrer sein dürfte. Das Feld ist ja im Vergleich zu gestern um zwei Fahrer geschrumpft, es mussten aufgrund eines Sturzes Anthony Ravard von Agritubel und Igor Abakoumov von Lampre das Rennen vorzeitig aufgeben. Die genauen Prognosen über die einzulegende Rennpause der beiden stehen noch aus, doch unter 2 Wochen geht da wohl leider nix. Bitter vor allem für Abakoumov, der gerade erst bei seinem neuen Team Lampre angekommen war, und hoffen muss, jetzt nicht durch diese Verletzung auf das Abstellgleis zu geraten.
Die Favoriten in der Gesamtwertung hatte ich ja vor der ersten Etappe schon einmal kurz vorgestellt. Die genannten Fahrer werden auch heute natürlich auf dieser wahrscheinlich schon vorentscheidenen Etappe vorne dabei sein wollen. Topfavorit Levi Leipheimer hat große Taten angekündigt und will mit einer starken Astana-Truppe seinen Vorjahrestitel verteidigen. Ansonsten ist wohl Zabriskie der größte Favorit, auch wenn es viele ambitionierte Starter gibt. Uran, Seeldrayers, Petrow, Joly, Botero - um nur ein paar Namen zu nennen, die sich heute in den Fokus der Massen schieben wollen. Das Terrain vom heutigen Tage dürfte für einige wie Joly oder Botero aber vielleicht schon zu schwer, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass Joly an kleineren Anstiegen besser ist, und Botero nach langer Abstinenz heute seine erste Bewährungsprobe bevorsteht.
Zuerst einmal bleibt aber zu sagen, bevor wir bei Kilometer 70 in das Renngeschehen live einsteigen, dass bereits eine große und umkämpfte Ausreissergruppe den Sprung weg vom Peloton geschafft hat. Sie haben heute, sollte es im Feld zu taktischen Querelen kommen, durchaus ihre Chancen auf den Etappensieg und damit auch auf eine gute Ausgangsposition für das Zeitfahren übermorgen. Hier die Übersicht der Gruppe:
Zitat
JULICH Bobby (SIL)
PATE Danny (CSF)
INTXAUSTI ELORRIAGA Benat (CSC)
HESJEDAL Ryder (BAR)
BALLAN Alessandro (TSL)
BUFFAZ Mickael (BTL)
MARKOV Alexei (TCS)
EICHLER Markus (MRM)
Am ambitioniertesten auf einem Terrain wie dem heute, sind wohl Julich, Hesjedal und Intxausti. Alle drei gelten als Kletterspezialisten, wobei Julich seinen Zenit schon länger überschritten hat. Während er in den 90er Jahren noch ganz ind er Weltspitze war, so gehört er mittlerweile nicht mehr zur absoluten Weltspitze. Trotzdem ist seine Anwesenheit in dieser frühen Gruppe für mich sehr überraschend, den im letzten Jahr konnte er hier in Kalifornien in der Endabrechnung immerhin den vierten Platz erreichen und verpasste damit das Podium nur knapp. Die Gruppe hat nun bei Kilometer 70 übrigens einen geringen Vorsprung von 3:45 Minuten. Das Feld wollte sich von Anfang nicht zu weit distanzieren lassen, denn wie gesagt gibt es eine Reihe ambitionierte Fahrer noch hinten im Hauptfeld.
Es warten noch 4 Bergwertungen auf die Fahrer, die erste wurde vor wenigen Minuten absolviert und endete mit folgendem Ergebnis:
Zitat
1. Bergwertung
01 JULICH Bobby (SIL) 5
02 EICHLER Markus (MRM) 3
03 BALLAN Alessandro (TSL) 1
Die erste und einzige Zwischensprintwertung am heutigen Mittwoch konnte Markov vor Eichler und Ballan für sich entschieden. Mir schient so, als hätten Ballan, Eichler und auch Julich wohl ein Auge auf die Bergwertung geworfen, denn dieses Trio versuchte genau wie Buffaz als erster die Marke am Gipfel des ersten Anstieges des Tages überqueren. Nur der Franzose ging leer aus. Was die Bergwertungen angeht geht es aber jetzt Schlag auf Schlag. Auf den nächsten 16 Kilometern warten noch zwei Bergwertungen, bevor der Mount Hamilton absolviert werden muss.
Die Gruppe läuft im Übrigen sehr gut im Augenblick, die Fahrer teilen sich die Führung recht gleichmäßig und außer an den Zwischenwertungen kommt es auch nicht zu Angrifen. Wir geben nun einmal kurz in die Werbung und sind gleich beim Mount Hamilton wieder für Sie da.
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So, jetzt geht´s richtig los! Die beiden anderen Bergwertungen, die noch zu absolvieren waren, werden wir später nachtragen, doch wir wollen nichts verpassen, wenn es hier um die Entscheidung geht. Hier die wichtigsten Fakten zum schwersten Anstieg heute:
560 Höhenmeter auf 6,5 Kilometer mit einer Durchschnittssteigung von 8,6 %. So früh in der Saison schon ein ganz schon schweres Ding, während die Tourfahrer über so einen Anstieg im Juli wahrscheinlich nur müde lächeln könnten.
Die Spitzengruppe fährt jetzt in den Anstieg hinein. Da ist jetzt ordentlich Zug drin, es sind ja auch wirkliche Bergziegen dabei. Probleme gibt es bei noch keinem der Mitausreisser, doch das kann sich leicht ändern. Hinten im Feld sehen wir gerade wie Diquigiovanni nach vorne fährt, die wollen wohl das Feld für Rigoberto Uran bereiten, den kolumbianischen Newcomer aus dem Jahre 2007. Mizourov und Facci sehe ich da im Moment vorne. Und während in Peloton das Tempo nun am Anschlag ist, und schon einige Fahrer abreißen lassen müssen, sieht es vorne kaum anders aus, nur in anderen Ausmaßen. Die ersten Fahrer müssen ein Quartett alleine lassen auf dem Weg zum Gipfel. Weiter an der Spitze bleiben Intxausti, Julich, Hesjedal und der überraschend starke Danny Pate, der vor heimischem Publikum wohl wie sein Landsmann Bobby Julich topmotiviert ist. Damit müssen wir uns also von Buffaz, Eichler, Markov und auch Alessandro Ballan verabschieden. Für Eichler und Ballan ist die Tour of California wohl eh nur Vorbereitung in Richtung der Kopfsteinpflaster-Saison, welche im März richtig los geht. 2 Kilometer bis zum Gipfel sind es nur mehr für das Quartett an der Spitze, sodass sich wohl auch Ballan und Co auf den wenigen zu verbleibenden Kilometern bis zur Abfahrt wohl wenigstens im Feld werden halten können, sollte das höllische Tempo dort einmal einschlafen, zumindest. Im Augenblick herrscht dort nämlich noch ein richtig schnelles Tempo, sodass nur mehr 35 Fahrer den Anschluss halten können. Auf der Abfahrt werden einige Profis vielleicht wieder aufschließen können, doch es gibt nach dieser Abfahrt kein Flachstück mehr, sondern es geht direkt den Mount Sierra hinauf, sodass danach auch nicht mehr viel Möglichkeit zum Verschnaufen da ist. Der Mount Hamilton ist nun bezwungen. Von den ersten Vieren zumindest, während wir gerade sehen, wie das Feld die vollkommen erschöpften Ballan, Markov, Buffaz und Eichler einholt. Hier das Ergebnis der ersten Hors Catégorie Bergwertung dieser Rundfahrt:
Zitat
Bergwertung Mount Hamilton
01 HESJEDAL Ryder (BAR) 10
02 JULICH Bobby (SIL) 7
03 INTXAUSTI ELORRIAGA Benat (CSC) 5
04 PATE Danny (CSF) 3
Das ist natürlich nur das vorläufige Ergebnis, ein Punkt steht noch aus, doch dieser wird in diesem Augenblick vom Kolumbianer Mauricio Ardila geholt, sodass auch dieses Ergebnis komplett ist. Auf der Abfahrt blenden wir dann noch eben die Ergebnisse der zweiten bzw. dritten Bergwertung für Sie ein:
Zitat
2. Bergwertung
01 BALLAN Alessandro (TSL) 5
02 JULICH Bobby (SIL) 3
03 BUFFAZ Mickael (BTL) 1
3. Bergwertung
01 JULICH Bobby (SIL) 5
02 BUFFAZ Mickael (BTL) 3
03 EICHLER Markus (MRM) 1
Wie zu sehen ist, konnte Ballan also wenigstens vor seinem Verlust des Anschlusses noch etwas für die Teamkasse tun, indem er eine Bergwertung gewinnt. Auf dieser relativ steilen Abfahrt wird es wohl kaum zu Attacken kommen. Auch ein überragender Abfahrer wie Paolo Savoldelli wird so weit vor dem Ziel und so kurz vor dem Giro wohl nicht seinen Hals für die Tour of California riskieren, obwohl er beim Prolog ja glänzende Form unter Beweis gestellt hat. Mit dem Falken wird zu rechnen sein im Saisonverlauf, da bin ich mir sicher. Er kann zu einem ganz wichtigen Kandidaten im Kampf um die Continental Einzelwertung werden, er ist ja unumstrittener Kapitän in der französischen Agritubel-Equipe unter der Leitung von Wolfbreak.
Aber für Smalltalk bleibt uns heute leider nicht viel Zeit oder auch zum Glück, des das nächste Highlight des Tages steht an, der Mount Sierra, nach dem es nur noch ca. 20 flache Kilometer zu absolvieren gibt. Trotz dieser noch relativ langen Distanz wird wohl keiner seine Kräfte sparen wollen, jeder wird alles geben, was seine Beine heute wert sind. Viel wert sind wohl nicht mehr die Beine der Ausreisser. Der Vorspung von ihnen, der kontinuierlich zusammenschmolz, ist nun auf unter 20 Sekunden gesunken, sodass sie an diesem Berg wohl überflügelt werden. Es sieht mir jedenfalls nicht so aus, als wäre einer von ihnen so klug gewesen, sich auf den letzten Kilometern zu schonen, um den Anschluss an die Spitzengruppe zu behalten. Und hinten ist jetzt richtig Tempo, vor allem Tinkoff an der Spitze, auch Zaugg von Gerolsteiner sehe ich da vorne, das heißt wohl, dass heute Kohl der Kapitän der Sprudelwasser-Equipe sein wird. Mal schauen, ob sich diese Entscheidung als richtig erweisen wird. Richtig war jedenfalls die Entscheidung der in diesem Moment eingeholten Ausreisser, die jetzt sofort durchgereicht werden. Man kann es versuchen und scheitern mit dem Ausreißen, aber Fahrer wie Pate haben es schwer ohne solche Versuche vorne reinzufahren, gerade bei so hochklassigen Starterfeldern, wie es hier am Start stand. Ob alle Fahrer in der Karenzzeit in San José ankommen bleibt abzuwarten, für die vielen Attraktionen dieser Start werden die Fahrer nach dieser knüppelharten Etappe aber wohl keine Zeit mehr haben. Das Ausscheidungsfahren geht nun weiter, im Moment sehe ich da noch viele Fahrer mit Problemen. Ein Dutzend Fahrer würde ich einen Kilometer vor dem Gipfel noch in der Lage sehen, mit der Spitze über den Berg zu kommen, während weiter Tinkoff Tempo macht.
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Tinkoff an der Spitze [/div]
Mal schauen, ob es wieder zu Kämpfen um die Bergwertung kommt... Nein, jetzt nicht. Die Punkte werden einfach so mitgenommen von den Spitzenleuten, sodass folgende Gruppe noch zusammen an der Spitze fährt.
Zitat
ZABRISKIE David (MRM)
PETROW Ewgeny (TCS)
SAVOLDELLI Paolo (AGR)
JOLY Sébastien (BTL)
MILLAR David (TSL)
URAN Rigoberto (SIT)
BOTERO Santiago (BAR)
SERRANO Ricardo (C.A)
SAMOJLAU Branislau (CSC)
SEELDRAEYERS Kevin (CSC)
KOHL Bernhard (GST)
ZAUGG Oliver (GST)
Das sind schon ordentliche Namen, doch die größte Überraschung des Tages fällt einem sofort ins Auge: Wo ist Levi Leipheimer? Wo ist der Topfavorit und Vorjahressieger von Astana? Er hat schlicht und einfach den Antritt verpasst und verspielt damit wohl alle Chancen in Sachen Gesamtwertung. So kann es gehen, einmal unaufmerksam und alles ist vorbei. Das ist Radsport.
Mit Problemen auf der Abfahrt und einem leichten Versteuerer jetzt Joly, das könnte auch schon ein Zeichen von Erschöpfung sein, denn er ist mit einigen anderen nur mit einer Riesenkraftanstrengung über den Berg mitgekommen.
So, die Abfahrt ist passé. Und wir sehen im Moment einen starken Wind von vorne, der den erschöpften Fahrern nun 10 Kilometer vor dem Ziel Probleme macht. Und einige Fahrer müssen tatsächlich abreißen lassen. Taktisch klug eine Windkante aufzubauen von den vorderen Fahrern um Millar und Petrow. Überraschend jetzt mit einer Lücke nach vorne Joly und Botero, die eigentlich als exzellente Roleure gelten. Jetzt heißt es Kämpfen um jede Sekunde. Vielleicht kann das Loch ja wieder gestopft werden, doch es sieht im Moment nicht danach aus, wohl auch durch die Erschöpfung der abgehängten Fahrer. Noch an der Spitze und damit im Rennen um den Etappensieg sind folgende Fahrer:
Zitat
ZABRISKIE David (MRM)
PETROW Ewgeny (TCS)
SAVOLDELLI Paolo (AGR)
MILLAR David (TSL)
URAN Rigoberto (SIT)
SAMOJLAU Branislau (CSC)
KOHL Bernhard (GST)
Zitat
Bergwertung Mount Sierra
01 URAN Rigoberto (SIT) 5
02 BOTERO Santiago (BAR) 3
03 SERRANO Ricardo (C.A) 1
Somit auch kein Team zahlenmäßig überlegen, es wird spannend um den Etappensieg, während der Rückstand der Abgehängten immer weiter steigt, wenn auch langsam. Um den Etappensiege können sie nicht mehr mitfahren, da bin ich sicher, während die Spitzengruppe den Teufelslappen passiert.
Wir sehen jetzt eine selbstverständliche Konstellation, keiner will in den Wind, doch andererseits will man die Verfolger auf Distanz halten. Nun sehen wir Samoilau an der Spitze. Hinter ihm Kohl, Savoldelli Zabriskie, Uran, Millar und Petrow. Der Russe also mit der günstigsten Ausgangsposition, aber ist er spritzig genug? Kohl geht jetzt raus, doch er kann den bärenstarken Samoilau nicht passieren, der sogar ein kleines Loch reißt. Millar geht jetzt raus, hinter ihm Petrow. Beide haben einen Bumms drauf, doch das wird schwer den Weißrussen noch zu schnappen, haben sie sich verpokert? Millar jetzt gleichauf, er hat mehr Tempo und er gewinnt! Sieg Nummer eins für das heimische Slipstream also heute in Kalifornien. Starke Leistung des Briten. Hinter ihm kommen Samoilau, Petrow, vor Kohl, Savoldelli und Uran.
Die Verfolgergruppe um Joly kommt mit 22 Sekunden Rückstand ins Ziel, die dritte Gruppe, in der sich unter anderem Leipheimer, Niermann, Jurco und Ardila befanden, hat im Tagesziel San José einen Rückstand von 47 Sekunden auf den strahlende Tagessieger David Millar.
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Noch bei Saunier hier - David Millar [/div]