Herzlich Willkommen zur sechsten Etappe der Tour of Georgia!
Am heutigen Tag erwartet und die absolute Königsetappe dieser siebentägigen Rundfahrt. Sie beginnt im kleinen Ort Blaisville und führt über 143 Kilometer zum entscheidenden Anstieg der Rundfahrt, dem Brasstown Bald. Dieser ist insgesamt 8 Kilometer lang und mit einer durchschnittlichen Steigung von sage und schreibe 9 % ein echter Brocken, der sich den Fahrern am heutigen Tag als Bergankunft in den Weg stellt. Bereits vorher sind zwei Bergwertungen, davon eine der ersten Kategorie, zu absolvieren, sodass am heutigen Tag für die Fahrer, die hier ihrer Giro d´Italia-Vorbereitung den letzten Schliff verleihen, ein erster echter Test im Hochgebirge auf dem Programm steht. Zu den angesprochenen Fahrern zähle ich vorallem Andy Schleck und Vladimir Karpets. Beide zeigten sich bereits gestern sehr stark und belegten die Etappenplätze eins und zwei. Heute werden wir sehen, ob sie dabei nicht doch zuviel Kraft gelassen haben, während ihre große Konkurrenz wie Marzio Bruseghin, Linus Gerdemann, Felix Cardenas oder Julio Alberto Perez Cuapio im Feld Körner sparen könnte. Normalerweise sollten die beiden Erstplatzierten von gestern das heute noch spüren.
Eine andere Frage, die vielleicht heute gar nicht an der Spitze des Rennens, sondern eher weiter hinten entschieden wird, ist die nach dem Gewinner dieser Rundfahrt. Wie bereits gestern angesprochen wurde das Gesamtklassement durch viele erfolgreiche Fluchtgruppen ordentlich durcheinandergwürfelt, sodass noch immer der Lokalmatador und im Vorhinein eher als Außenseiter gehandelte Jonathan Patrick Mc Carty vom heimischen Rennstall High Road im Führungstrikot unterwegs sein wird. Auf die angesprochenen Topfavoriten hat er bereits einigen Vorsprung, auf Andy Schleck etwa 3:44 Minuten, auf Vladimir Karpets 3:56 Minuten oder auf Linus Gerdemeann 4:03 Minuten. Sicher kann man auch mehr als vier Minuten verlieren, an einem Schlussanstieg wie diesem, doch ich bin überzeugt, dass einigen Fahrern, die sich durch Ausreissergruppen ganz vorne im Klassement wiederfinden und mit dem Gesamtwertungssieg den größten Erfolg ihrer Karriere vor Augen haben, sicher Flügel wachsen werden. Zu diesen Kandidaten würde ich auch den momentan zweitplatzierten Tony Martin (TSL) mit nur 15 Sekunden Rückstand oder den momentan Achtplatzierten der Rundfahrt mit 31 Sekunden Rückstand Mauricio Ardila Cano zählen. Es wird sicher schwierig für die Topfahrer, solchen topmotivierten und am Berg ja auch nicht gerade schwachen Fahrern heute die für den Gesamtsieg erforderlichen vier Minuten abknöpfen zu können. Es erwartet uns also eine höchstspannende Etappe, die einige Fragen offen lässt.
Wir befinden uns mittlerweile schon 32 Kilometer, oder um in der heimischen Maßeinheit zu bleiben, rund 20 Meilen, nach dem offiziellen Start zu dieser entscheidenden Etappe. Gestartet wurde das Rennen vor ungefähr einer dreiviertel Stunde in Blainesville. Es entwickelte sich eine unruhige Anfangsphase. Viele Mannschaften wollten Fahrer in der frühen Gruppe platzieren, was auf einer solch schweren Etappe ja auch ein gewitzter taktischer Schachzug sein kann. Ag2r und High Road waren direkt vom Start an bemüht, die Gruppe möglichst klein zuhalten, und keine starken Bergfahrer oder in der Gesamtwertung aussichtsreichen Fahrer wegfahren zu lassen. Schließlich konnte sich jedoch eine recht große Gruppe lösen, hier die Übersicht:
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Ausreissergruppe
001FEILLU Romain (CSC)
008STEEGMANS Gert (CSC)
053DEMARET Jean-Eudes (COF)
105HINAULT Sébastien (C.A)
106KERN Christophe (C.A)
114DUENAS NEVADO Moises (BAR)
144VENTOSO Francisco (GCE)
157LODDO Alberto (TCS)
Eine stark besetzte Gruppe also. Sollte sie durchkommen, würde ich am Schlussanstieg ganz klar den Spanier Moises Duenas Nevado favorisieren. Auffällig ist auch, dass sich mit Credit Agricole und CSC gleich zwei Teams doppelt in die Gruppe gemogelt haben, das könnte am Ende taktische Vorteile bringen. Außerdem befinden sich mit Francisco Ventoso, Gert Steegmanns, Romain Feillu und Alberto Loddo gleich vier ausgewiesen Weltklassesprinter, die es wohl vorallem auf den in wenigen Kilometern bevorstehenden Zwischensprint abgesehen haben. Hinten im Feld machen immer noch vorallem High Road für ihren Spitzenreiter Jonathan Patrick Mc Carty und ag2r für ihren Giro-Kapitän Bruseghin. Ob Bruseghin nach einer Sensationsnachricht, die uns gerade erreicht, immer noch der Giro-Kapitän sein wird, ist fraglich, denn Danilo di Luca fährt ab heute für das französische Team und steht auch bereits auf der Startliste von Lüttich-Bastogne-Lüttich am morgigen Tag. Dort dürfte er, wenn er an seinen Vorjahreserfolg denkt, gute Erinnerungen haben. Wir nähern uns nun dieser eben schon angesprochenen Zwischensprintwertung bei Kilometer 64 in Blaisville und es scheint, als hätten die Sprinter der Gruppe tatsächlich ein Auge auf diese Wertung geworfen. Steegmanns zieht den da regelrecht an für Romain Feillu, der damit knapp vor Alberto Loddo und Francisco Ventoso den für heute ersten und auch letzten Zwischensprint gewinnen kann.
Zitat
Zwischensprintwertung, Blaisville
01 001FEILLU Romain (CSC)
02 157LODDO Alberto (TCS)
03 144VENTOSO Francisco (GCE)
Der Italiener Alberto Loddo lässt sich nach diesem Sprint auch sofort aus der Gruppe zurückfallen, das Feld wird ihn gleich passieren. Eigentlich gar nicht so dumm von ihm. Mit dem Tagessieg, selbst wenn die Gruppe durchkommt, wird er heute nichts zu tun haben, und so kann er jetzt, bis zum Anstieg erstmal gemütlich im Feld fahren und damit vielleicht entscheidende Kräfte für die morgige Schlussetappe sparen. Die Gruppe läuft weiterhin ganz manierlich, der Vorsprung beträgt 5:37 Minuten im Moment. Trotzdem wird das wohl nicht reichen, denn es sind noch immer 80 Kilometer bis ins Ziel.
Im Moment passiert die Spitzengruppe die Verpflegungszone, in der sich nochmal jeder einen Beutel von seinem Betreuer schnappt. Das muss im Vorhinein ja gut abgesprochen werden, wo genau der Betreuer steht, um die Beutel zu überreichen, sonst kann das zu Komplikationen führen. In dieser kleinen Spitzengruppe natürlich eher weniger, aber im großen Feld könnte sowas eventuell einen Massensturz oder Ähnliches auslösen, das wollen wir natürlich alle nicht sehen. Es geht währenddessen mit einem zügigem Rennetmpo in Richtung Hogpen Cap. Das ist die erste Bergwertung des Tages, ein Berg der ersten Kategorie, der vielen Fahrern aus der Spitzengruppe, wie dem ohne das böse zu meinen ja schon eher schwergewichtigem Gert Steegmanns von CSC, einiges abverlangen dürfte. das ist ein erster Vorgeschmack auf den Schlussanstieg, da wird es hochhergehen, das kann ich Ihnen versprechen. Hier sieht das noch einigermaßen manierlich aus. Manche Fahrer der Gruppe müssen zwar beißen, doch die Gruppe kommt geschlossen drüber. Die Bergpunkte kann sich Demaret, ein junger Franzose von Cofidis, sichern.
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1. Bergwertung, Hogpen Cap
01 053DEMARET Jean-Eudes (COF)
02 144VENTOSO Francisco (GCE)
03 106KERN Christophe (C.A)
04 114DUENAS NEVADO Moises (BAR)
05 008STEEGMANS Gert (CSC)
06 001FEILLU Romain (CSC)
07 105HINAULT Sébastien (C.A)
So, noch rund 30 Kilometer voin hier, dann sind wir schon am von mir bereits oft erwähnten Schlussanstieg, dem Brasstown Bald. Davor erwartet die Fahrer noch eine Bergwertung der zweiten Kategorie. Sollte der junge Demares auch dort die Nase vorne haben, könnte er im Kampf um das Bergtrikot bei dieser Rundfahrt sicher ein Wörtchen mitreden. Cofidis erlebt ja eh eine kleine Renaissance im Moment. Von einem Amatuer-Manager aus Österreich mit einer schlechten Transferpolitik " hingerichtet", konnte Neo-Manager Leon das Team wieder aufrichten. Das Hoffen auf den ProTour-Klassenerhalt wird größer, auch wenn Cofidis bis dato als einzigstes Team noch immer keine Punkte auf dem Konto hat. Es wurden ja früh in der Saison schon Leistungsträger wie Maxime Monfort, Sylvain Chavanel oder Nick Nuyens relativ preiswert abgeben, sodass das Team als "zerlegt" galt. Mittlerweile sieht das wie erwähnt anders aus und Cofidis bietet wieder attraktiven Radsport. den werden wir auch gleich wieder erleben, denn es geht nun an den Berg der zweiten Kategorie, den Unicol Gap. Erneut fährt Demares da als Erster rein, lang ist dieser Berg ja nicht unbedingt. das sieht nicht schlecht aus, was der Junge da macht und er wird belohnt. Er gewinnt auch die zweite Bergwertung des Tages und müsste damit im virtuellen Bergtrikot unterwegs sein. Ein großer Erfolg wäre das für ihn.
Zitat
2. Bergwertung, Unicol Gap
01 053DEMARET Jean-Eudes (COF)
02 144VENTOSO Francisco (GCE)
03 001FEILLU Romain (CSC)
04 114DUENAS NEVADO Moises (BAR)
05 106KERN Christophe (C.A)
So, gleich wird die Gruppe eingeholt. Sie haben sich augenscheinlich auch schon ein wenig aufgegeben. So kann das nichts werden, und so wird das auch nichts. Da kommt bereits das Feld, angeführt vom Feam des Spitzenreiters, wie sich das gehört. Es geht nun gleich in den Schlussanstieg. Es knistert förmlich vor Spannung, die Positionskämpfe sind in vollem Gange. Natürlich will hier jeder Favorit ganz vorne reinfahren. Tinkoff zeigt sich hier ebenfalls sehr aktiv, das wird spannend. Nun sind sie drin, das sieht schon sehr steil aus in diesem bereich, das muss man sagen. Tinkoff und Ag2r spannen sich vor das Feld, das am Ende schon bröckelt, das wird hier wohl ein Ausscheidungsfahren geben. Hinten bildet sich schon ein erstes Grupetto Mark Cavendish ist da einer der ersten, der nicht mehr mithalten kann. ATTACKE von Herrero! Der Spanier von Tinkoff versucht es, den will man her offenbar nicht fahren lassen, aber viele können da nicht mithalten, das ist schon arg steil in diesem Abschnitt. Andy Schleck geht als erster, offenbar spielerisch, hinterher. Auch Bruseghin kann die Lücke stopfen, vier bis fünf Fahrer folgen ihm, danach entsteht eine erste Lücke. So müssen es die fahrer aber auch versuchen, die Außenseiter, die vorne sind in der Gesamtwertung bereits früh unter Druck setzen. Tony Martin und Mauricio Ardila, von mir am stärksten eingeschätzt aus der Gruppe, sind im zweiten Grüppchen. Der Spitzenreiter Mc Carty kann hier aber nicht mehr machen, der ist schon weit zurückgefallen. Hier mal ein Überblick über die Gruppen:
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Ausreissergruppe
007SCHLECK Andy (CSC)
154HERRERO LLORENTE David (TCS)
151PETROW Ewgeny (TCS)
141KARPETS Vladimir (GCE)
131MOSQUERA Ezequiel (KGZ)
094PEREZ CUAPIO Julio (CSF)
074LÖVKVIST Thomas (HIR)
072GERDEMANN Linus (HIR)
022BRUSEGHIN Marzio (A2R)
Verfolger I
075MC CARTY Jonathan Patrick (HIR)
087 VANDE VELDE Christian (TSL)
088 VILA ERRANDONEA Francisco Javier (TSL)
084 MARTIN Tony (TSL)
091 ALDAPE CHAVEZ Moises (CSF)
067 RUSS Matthias (GST)
108 SERRANO Ricardo (C.A)
101 ARDILA CANO Mauricio Alberto (C.A)
102 AZEVEDO José (C.A)
111 CARDENAS Felix (BAR)
112 AUGUSTYN John-Lee (BAR)
153 EFIMKIN Alexander (TCS)
MC Carty also doch in der Gruppe, das war falscher Alarm von mir. Es sind nun nur noch 5 Kilometer bis ins Ziel, die erste Gruppe, in der High Road und Tinkoff mit zwei Fahrern ganz stark vertreten sind, hat einen Vorsprung von 16 Sekunden. Hinten, in der ersten Verfolgergruppe, fahren aber die Fahrer, die hier den Gesamtsieg unter sich ausmachen, denn so viel wird die Gruppe vorne nicht mehr herausfahren, dass es für die reicht, zu mal auch Credit Agricole und Slipstream, die Teams von Martin und Ardila, stark vertreten sind. Diese beiden sind es nun, die Mc Carty in Schwierigkeiten bringen müssen, während die Gruppe vorne ganz gut läuft. Da fehlt eigentlich kaum ein Topfavorit, sehr gut besetzt ist die Gruppe. Vorne ist das Tempo sehr hoch, und das bekommen in der Spitzengruppe auch schon die ersten Fahrer ihre kleineren Problemchen. Schleck zerlegt die Gruppe, er ist für mich hier der Stärkste und hat den gesamtsieg offenbar auch noch nicht aufgegeben. Als erster in der Spitzengruppe muss nun Linus Gerdemann reissen lassen, der Münsteraner. Das kommt für mich etwas überraschend. In meinen Augern hätte er durchaus um den Etappensieg mitfahren können, aber wenn es eben nicht geht, dann geht´s nicht. Auch Bruseghin und Petrov sind da in argen Schwierigkeiten, lange werden die es nicht mehr machen.
In der Verfolgergruppe machen im übrigen die Teams von Martin und Ardila das Tempo, um Mc Carty, der von helfern isoliert ist, in Schwierigkeiten zu bringen. Das ist nun eine ganz doofe Situation für ihn. das Tempo bei den Verfolgern ist ganz hoch, und Mc Carty ist platt, er fällt ab! Das war´s aller Wahrscheinlichkeit nach für ihn, der sieht aus, als fiele er gleich vom Rad, der hat sich übernommen. Ardila will noch einen draufsetzen bei den Verfolgern, eine hektische Situation jetzt! Ardila und Cardenas ziehen davon, der Rest steht förmlich. Auch Slipstream mit Tony Martin und seinen zahlreichen Helfern kann da nichts mehr machen. Sollte Ardila 15 Sekunden auf Martin und 3 Sekunden auf John Lee Augustyn, der hier überraschend stark bis gerade auch in der ersten Verfolgergruppe fuhr, herausholen, wird er diese Rundfahrt gewinnen. Dem Ardila wachsen jetzt förmlich Flügel. Cardenas hilft ihm nicht, der will hinten, dass Augustyn vielleicht nochmal zurückkommt, aber das sieht eher schlecht aus. Wenn hier nichts Außergewöhnliches mehr passiert, müsste Mauricio Ardila die Rundfahrt gewinnen!
Jetzt wieder nach vorne, dort ist es nur 3 Kilometer weit, und da ist sie, die Attacke von Perez Cuapio. Da gucken sich alle an, aber keiner fährt hinterher, das ist die Chance für den Mexikaner! Schleck setzt nun nach, aber auch eher halbherzig, Perez Cuapio im Trikot von CSF ist bereits weit enteilt. Da es nun weder um den Rundfahrtsieg, noch um den Etappensieg geht, haben die Fahrer der ehemaligen Spitzengruppe hier offensichtlich etwas aufegeben, sie versuchen es zwar noch, aber richtig nach 100 Prozent sieht das für mich nicht auch. Schleck, Herrero und Lövkvist können sich nochmal von den anderen lösen, aber Cuapio ist alleine vorne, auf der Zielgerade, das ist hier ein ganz steiles Stück. Perez Cuapio lässt sich den Sieg nicht mehr nehmen und gewinnt die Königsetappe der Tour of Georgia!
Die Spitzengruppe ist gerade nochmal auseinandergefallen, Schleck führt ein Trio mit Herrero und Lövkvist jetzt ins Ziel. Ganze 18 Sekunden hat der Mann von CSF ihnen heute abgenommen, der fuhr hier überirdisch stark. Karpets wird Fünfter, vor Mosquera, Bruseghin und Petrov, den neunten Rang belegt Gerdemann. damit sind erstmal alle drin aus der Spitzengruppe. Und da kommt schon Ardila, der fährt hier doch sehr stark, das ist der Rundfahrtsieg, der größte Erfolg seiner Karriere, denn er hat den erforderlichen Vorsprung auf Martin, Augustyn und Mc carty herausgefahren, ganz starke Leistung!
Das war´s von der spannenden Königsetappe der Tour de Georgia, das gesamte Ergebnis finden Sie im Videotext!
Ist ihm der Gesamtsieg noch zu nehmen?