Herzlich Willkommen zur kurzen Zusammenfassung der U24-Austragung von Paris-Roubaix im Jahre 2009! Zu dieser Jahreszeit, der Giro d´Italia ist gerade in vollem Gange, ist ein Pavé-Rennen sicherlich ungewöhnlich, doch zur stärkeren Förderung des Nachwuchsradsports hat die UCI sich ja zur mittlerweile beliebten U24-Serie entschieden, sodass ich Sie heute zu diesem Rennen begrüßen darf.
Wie auch das Profi-Rennen fielen heute auf den berüchtigten Kopfsteinpflaster-Passagen die wichtigsten Entscheidungen, 23 Sektoren galt es an der Zahl heute für die Fahrer zu absolvieren. Und das auf einer Gesamtstrecke von 180,5 Kilometern, die ihren Abschluss, ebenfalls wie bei den Profis, im berühmten Velodrome zu Roubaix fanden, wo die Fahrer eine "Ehrenrunde" absolvieren durften und dann über den Zielstrich rollten. Aber wer tat dies zuerst? Favoriten gab es viele vor dem Startschuss, das Rennen schien viel offener als bei den Profis, denn in so jungen Jahren haben sich die absoluten Stärken der Fahrer noch nicht zu 100 Prozent herauskristallisiert, was man unter anderem auch daran sehen kann, dass Yaroslav Popovych, mittlerweile als starker Rundfahrer bekannt, im Jahre 2001 eben dieses Rennen, die U24-Austragung von Paris-Roubaix, gewann. Und dass hier Fahrer gewinnen, die später ganz vorne mitradeln, ist keine Seltenheit. So konnten sich mit Stephen Roche und Thor Hushovd bereits zwei absolute Stars in die Siegerliste eintragen, einziger deutscher Sieger ist bislang Eric Baumann, der im Jahre 2000 gewinnen konnte. Heute genießt er natürlich kein Startrecht, heute muss man mit anderen Fahrern rechnen. Allen voran wohl mit denen des Topsport Vlaanderen Teams, die mit Vermeltfort, van Winden, Ghyselinck und Joseph sogar vier potenzielle Sieger im Team haben. Kein Zufall, dass diese vier Fahrer aus Belgien bzw. der Niederlande kommen, auch ein Großteil der anderen Favoriten wie Sebastian Langeveld, Kristof Goddaert oder Jerome Baugnies kommen aus diesen Ländern. Ausnahmen bilden dort wohl vor allem Rasmus Guldhammer, aber auch z.B. Simon Clarke aus Australien.
Doch genug der Vorrede, kommen wir mal zum Renngeschehen. Direkt nach dem Ende der neutralen Rennphase gab es Attacken um eine frühe Ausreissergruppe zu initiieren. Dies gelang auch recht problemlos, denn bereits nach 7 Kilometern konnte sich ein recht starkes Trio absetzen, weitere Ausreisser wurden von Topsport Vlaanderen und Cofidis verhindert. Hier die Übersicht der Gruppe:
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Ausreisser
ZINGLE Romain (FDJ)
VANDEWALLE Kristof (ALM)
KEINATH Nico (ASA)
Wie man sieht, war dies eine durchaus namhafte Gruppe für Experten, für das heutige Terrain schien besonders Romain Zingle am geeignetsten. Genau diese Vermutung bestätigte sich auch auf der ersten Pavé-Passage bei Kilometer 50,2, auf dem Zingle sichtlich gut zurechtkam. Selbiges galt für Vandewalle, einzig Keinath schien sich nicht so recht wohlzufühlen.
Als die Gruppe sich gefunden hatte, nahm das Rennen dann seinen üblichen Lauf, wie er so oft bei großen Klassikern geschieht. Die Ausreisser reiben sich auf, fahren tapfer immer weiter und bleiben am Ende dann chancenlos. So auch heute, besonders Topsport zog bereits früh immerhin mit Fahrern wie Sep Vanmarcke das Tempo an, besonders auf den Kopfsteinpflasterpassagen, sodass sich früh zeigte, dass die Ausreisser heute leer ausgehen würden. Dementsprechend langweilig verlief das Rennen dann auch bis zum Einholen dieser Gruppe. Einzig erwähnenswert eine Reifenpanne von Grega Bole, wohl einem der namhaftesten Fahrer bei diesem Rennen. Zudem bleibt zu sagen, dass Nico Keinath nach 102 Kilometern den Anschluss an das Spitzenduo verlor, sodass zwei Belgier dann alleine vorne fahren. Keinath in des wurde schnell eingeholt, durchgereicht und gab dann auch recht zeitig auf, sicher die richtige Entschweidung. Wozu sich quälen, wenn vorne die Post abgeht und man selber nicht mehr vorne eingreifen kann?
Spannend wurde es dann also langsam als die beiden Belgier Vandewalle und Zingle vom Feld eingeholt wurden. Das "Feld" war zu diesem Zeitpunkt auch schon sehr zerpflückt, da bereits 13 Pavé-Sektoren hinter dieser, zu dem Zeitpunkt größen Gruppe im Rennen, lagen. Denn exakt bei Kilometer 140 wurde das Spitzenduo eingeholt, so lagen noch 10 Pavé-Passagen vor dieser Gruppe aus der der Sieger kommen sollte. Hier die Übersicht, wer noch alles in der Gruppe war:
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Peloton
GHYSELINCK Jan (TSV)
JOSEPH Stijn (TSV)
VAN WINDEN Dennis (TSV)
VERMELTFORT Coen (TSV)
LANGEVELD Sebastian (FDJ)
OFFREDO Yoann (FDJ)
SULZBERGER Wesley (FDJ)
CLARKE Simon (ALM)
GODDAERT Kristof (ALM)
BAKELANTS Jan (COF)
LODEWYCK Klaas (COF)
GULDHAMMER Rasmus (ASA)
KRISTOFF Alexander (ASA)
STAMSNIJDER Tom (ASA)
Wie man sieht, waren einige Teams noch sehr stark vertreten, vor allem natürlich Topsport Vlaanderen mit vier Fahrern, dazu kommen Francaise des Jeux und Acqua é Sapone mit je drei Fahrern.
Den Moment des Zusammenschlusses nutze dann Dennis van Winden direkt zur Attacke, doch die Lücke wurde von Francaise des Jeux und Acqua é Sapone mit vereinten Kräften zugefahren. Bei Topsport sah man, dass Attacken (noch) nicht das probate Mittel waren, und so ging man an die Spitze um ordentlich das Tempo anzuziehen, besonders Jan Ghyselinck zeigte sich sehr oft vorne und zog das Tempo enorm an. Und man sah, dass das Körner kostete bei vielen Fahrern. Vor allem der Belgier Jan Bakelants hatte zu beißen, er ja eigentlich gar kein Pavé-Spezialist, doch auch andere Fahrer wie Offredo oder Sulzberger bissen schon recht ordentlich auf die Zähne. Die nächste Attacke ließ dann ein wenig auf sich warten, und sie kam, überraschenderweise, nicht von einem Topsport-Fahrer, sondern von Tom Stamnijder, der im Jahr 2005 bei der Espoirs-Austragung von Paris-Roubaix und der Flandern-Rundfahrt immerhin jeweils in die Top Five fuhr, sein Antritt schaffte jedoch auch keine weitere Vorselektion, die kam erst zwei Kilometer später durch die Attacke von dem Vorjahressieger, von Coen Vermeltfort. Und die Attacke brachte schon einiges, denn ein Großteil der Konkurrenten war bereits durch das hohe Renntempo und die vorangegangenen Attacken von Stamnijder und van Winden angeknockt. Und die Attacke von Vermeltfort war wirklich stark, sie schuf eine ganz neue Rennsituation:
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Rennsituation 15 Kilometer vor dem Ziel
GHYSELINCK Jan (TSV)
VERMELTFORT Coen (TSV)
LANGEVELD Sebastian (FDJ)
GULDHAMMER Rasmus (ASA)
+17 Sek.
JOSEPH Stijn (TSV)
VAN WINDEN Dennis (TSV)
GODDAERT Kristof (ALM)
LODEWYCK Klaas (COF)
+12 Sek.
BAKELANTS Jan (COF)
OFFREDO Yoann (FDJ)
SULZBERGER Wesley (FDJ)
CLARKE Simon (ALM)
KRISTOFF Alexander (ASA)
STAMSNIJDER Tom (ASA)
Man sah also bereits eine Vorentscheidung, taktisch war dies eine sehr interessante Situation, denn in der ersten Gruppe waren zwei Leute von Topsport und zwei weitere Fahrer, in der zweiten Gruppe waren genauso viele Fahrer und ebenfalls zwei von Topsport, die in Gruppe Zwei aber natürlich nichts taten, sodass es für das Quartett an der Spitze sehr gut aussah. Da mühten sich lediglich Lodewyck und Goddaert ab, die zum einen ihre letzte Chance auf den Sieg nutzen wollten und zum anderen auch die dritte Gruppe auf Distanz halten wollten. So war die Wahrscheinlichkeit recht groß, dass aus der ersten Gruppe der Sieger das Tages kommen würde, damit hatte natürlich besonders Topsport durch die zahlenmäßige Überlegenheit gute Karten, die sie auch zu nutzten versuchten. 8,7 Kilometer vor dem Ziel. auf der zweitletzten Passage des Tages, nutzte Jan Ghyselinck die Möglichkeit zu Attacke, die schon etwas hatte, er konnte eine Lücke reißen, doch dahinter war besonders Guldhammer, abe natürlich auch Langeveld um den Zusammenschluss bemüht. Guldhammer war es letztlich, der die Gruppe wieder ranbrachte an Ghyselinck, doch da hatte der Däne sich offensichtlich übernommen, denn direkt im Wechsel attackierte Coen Vermeltfort erneut und Guldhammer verlor den Anschluss, auch Ghyselick konnte nach seiner kräftezehrenden Attacke nicht mehr mitgehen, sodass das Führungsduo aus Langeveld und Vermeltfort bestand. Dahinter mühten sich die erschöpften Ghyselinck und Guldhammer ab, wobei Ghyselinck natürlich mit Vermeltfort vorne nichts für das Tempo tat, sodass Guldhammer auf sich alleine gestellt war. Er fuhr mehr gegen die nachffolgenden Gruppen als gegen Langeveld und Vermeltfort, denn die waren uneinholbar vorne, einer der beiden Niederländer sollte hier in Frankreich triumphieren. Und es wurde sehr spannend.
Vermeltfort ist ein sehr guter Sprinter, das wusste Langeveld natürlich und wollte nicht mit ihm ins Velodrome. Langeveld musste also attackieren, wollte er gewinnen. Und das tat er zum ersten Mal bei Kilometer 5 vor dem Ziel, Vermeltfort schaffte mit letzter Mühe den Anschluss, doch die nächste Attacke von Langeveld auf dem letzten "Möchtegern"-Pavésektor 1,9 Kilometer vor dem Ziel brachte die Entscheidung. Langeveld kam aus dem Windschatten Vermeltforts und schoss geradezu an ihm vorbei. Er legte Meter um Meter zwischen sich und Vermeltfort, der verzweifelt um die Titelverteidigung kämpfte, doch Langeveld fuhr mit Vorsprung ins Velodrome, eine halbe Stadionrunde war es, und die konnte er halten. Sebastian Langeveld durfte den Sieg bei der U24-Austragung von Paris-Roubaix im Jahre 2009 bejubeln, Coen Vermeltfort scheiterte knapp an der Titelverteidigung. Damit ein unglückliches Resultat für Topsport Vlaanderen, das weite Teile des Rennens prägte und es zu Spitzenradsport machte, doch zwei Plätze auf dem Podium dürften sie ein wenig entschädigen, denn im Sprint um Platz drei ließ Ghyselinck dem am Ende völlig fertigen Guldhammer keine Chance, er war froh, sich so gerade auf Rang vier vor der Verfolgergruppe ins Ziel zu retten. Damit gewann er wenigstens wichtige Punkte für die U24-Weltrangliste, die er ja als Hauptziel seiner Saison ausgegeben hatte. Im Sprint um Platz 5 kam es dann zum Dreikampf zwischen Lodewyck, Goddaert und van Winden, der mit Goddaert einen recht klaren Sieger fand, Sechster wurde Lodewyck von Cofidis, vor dem nächsten Topsport-Fahrer, Dennis van Winden, der damit ein überragendes Teamresultat ebenso wie Stijn Joseph auf Rang 8 komplettierte. Neunter wurde, ebenfalls im Sprint, Wesley Sulzberger vor Alexander Kristoff, der ebenso wie sein Teamkollege Guldhammer ein starkes Rennen machte. Die weiteren Platzierungen gibt´s nachher im Teletext, das war´s nun von der kurzen Zusammenfassung der Espoirs-Ausgabe von Paris-Roubaix. Wir verabschieden uns mit dem Bild des Siegers, bis zum nächsten Mal, auf Wiedersehen!
Sah sich als verdienten Sieger: Sebastian Langeveld von Francaise des Jeux