Herzlich Willkommen zur Zusammenfassung der ersten Etappe der Polen-Rundfahrt!
Die Rundfahrt begann heute in Warschau, doch bevor wir zur Zusammenfassung des Renngeschehens kommen, können wir sicherlich noch einen Blick auf das Starterfeld riskieren und stellen dabei fest, dass die Polen-Rundfahrt endgültig über ihr Dasein als "graue Maus" hinaus gekommen ist. Dafür verantwortlich ist natürlich im Wesentlichen der ProTour Status dieser Rundfahrt, der auch in diesem Jahr wieder viele Topstars anlockte um für ihre Teams die so wichtigen ProTour Zähler zu sammeln. Zum einen natürlich für den Klassenerhalt, doch richtig spannend in der ProTour Teamwertung ist es vor allem noch an der Spitze, wo sich BBox Bouygues Telecom und Saxo Bank einen erbitterten Kampf um Platz 1 liefern. Die dänische Vorjahressiegerequipe ist vor einigen Tagen an der französischen Mannschaft vorbeigezogen, doch wie man vernehmen kann, ist man in Frankreich durchaus gewillt, die Führung zurückzuerobern. Am besten schon im Rahmen der Polen-Tour, wo man bei BBox deswegen gleich Nägeln mit Köpfen macht und mit Fränk Schleck, Joaquin Rodriguez Oliver und Allan Davis sogar drei absolute Topfahrer im Aufgebot hat. Doch dem steht Saxo Bank in nichts nach, der jüngere Bruder des BBox-Kapitäns, Andy Schleck soll hier die Kohlen aus dem Feuer holen und wir dürfen uns sicher auf ein spannendes Bruderduell auch bei dieser Rundfahrt freuen.
Doch nicht nur die Gebrüder Schleck, auch andere Fahrer sind im ganz engen Favoritenkreis. So etwa Franco Pellizotti von Silence, Kim Kirchen von Columbia oder Alejandro Valverde von Caisse d´Epargne. Und wer weiß, vielleicht können ja auch die Lokalmatdoren Sylvester Szmyd oder Przymeslaw Niemiec heuer weit vorne rein fahren. Der letzte von nur drei polnischen Startern ist im Übrigen Michal Kwiatkowski von Liquigas.
Einer der drei Lokalmatadoren: Sylvester Szmyd
Wenn man sich das Starterfeld und die Favoriten so anschaut, wird schon klar, dass diese Rundfahrt vor allem durch leichtere Berg- oder auch Hügeletappen entschieden wird. Heute allerdings wartete auf das Starterfeld zum Beginn der Rundfahrt ein Rundkurs in der Hauptstadt Warschau, den man quasi als Schaulaufen sehen konnte, was jedoch nicht heißt, dass nicht erbittert um den Sieg gekämpft wurde. In jedem Fall hatte der, in Polen sicher nicht ganz so populäre Radsport, so man eine Bühne und es waren auch einige Zuschauer am Streckenrand, um die Stars zu bewundern. Das bot sich heute natürlich auch besonders an, weil man auf einem Rundkurs ja gleich mehrmals die Fahrer sehen und anfeuern konnte. 12 Runden mit insgesamt 108 Kilometern waren heute also zu absolvieren, ein vermeintlich leichter Auftakt.
Das Rennen begann am frühen Nachmittag und es begann, zum Glück für Fahrer und Zuschauer bei recht sonnigem Wetter und angenehmen Temperaturen. Das sorgte allseits für gute Stimmung und alles war angerichtet für eine spannende erste Etappe, die jedoch nur langsam ins Rollen kamen. Die Fahrer wirkten bisweilen nicht sonderlich motiviert, bis es dann bei Kilometer 10, also erst in der zweiten der 12 Runden, die erste Attacke des Tages gab. Und die kam zum Leidwesen der Zuschauer nicht von einem ihrer drei heimischen Profis, sondern von Lilian Jegou, einem noch recht unbekannten französischen Fahrer. Seine Attacke kam recht eindrücklich, sodass er gleich eine enorme Lücke zwischen sich und das, immer noch im Bummeltempo unterwegs gewesene, Feld legen konnte. Doch alleine, das war klar, würde er es sehr schwer haben, sodass er sich über die Unterstützung, die nur einige Augenblicke später aus dem Feld kam, sicher gefreut haben dürfte. Dort war nämlich sein Landsmann Mathieu Drujon angetreten um zu Jegou aufzuschließen und ihm folgten mit Yannik Eijssen und Jaques Jense van Rensburg gleich zwei Fahrer. Das Trio fuhr schnell zu Jegou auf, sodass nun ein Quartett an der Spitze war. Im Feld ließ man die Gruppe ziehen, zu Beginn machte kein Team Anstalten, gegen die Ausreisser zu arbeiten, die also weite Teile des Renngeschehens bestimmen sollte. Hier die Gruppe noch einmal in der Übersicht:
Zitat
Ausreissergruppe
Yannik Eijssen (ISD)
Jacques van Rensburg (SIL)
Mathieu Drujon (GCE)
Lilian Jegou (CTT)
Wie man sieht, waren also keine allzu prominenten Fahrer in der Gruppe vertreten, Eijssen und van Rensburg dürften wahrlich nur den echten Insidern ein Begriff sein, sodass die heutige Tempoarbeit im Peloton nun einzig den Sprinterteams überlassen war. Und dort zeigte sich besonders das Team des Australiers Allan Davis sehr präsent, besonders die beiden jungen Guillaume Bonnafond und Damiano Caruso waren oft an der Spitze des Feldes zu sehen. Für Bonnafond ist diese Polen-Rundfahrt im Übrigen das letzte Rennen im Dress des BBox-Teams, er wechselt nach diesem Etappenrennen zum Team Acqua é Sapone. Doch außer BBox waren nur noch Cofidis und Astana, und das sehr, sehr spärlich, in der Tempoarbeit zu sehen. Überraschenderweise gar nicht vorne zeigten sich die Teams zweier eigentlich sehr aussichtsreicher Sprinter, nämlich die Teams von Columbia und Saxo Bank. Beide Teams hatten mit Boonen bzw. Matti Breschel eigentlich zwei heiße Eisen im Feuer, waren jedoch mehr darauf aus, Kraft zu sparen.
Das spielte den Ausreissern natürlich in die Karten, die somit schnell und ohne viel Kraftaufwand den Vorsprung in die Höhe treiben konnten und ihren Maximalvorsprung 30 Kilometer vor dem Ziel mit 4:27 Minuten erreicht hatten, während im Feld auch zu diesem Zeitpunkt weiterhin nur Astana, Cofidis und vor allem BBox an der Spitze und somit in der Tempoarbeit zu sehen waren. Es sah also gut aus für die Ausreisser, die übrigens auch die Sprinwtertung unter sich ausmachten. Diese gewann van Rensburg.
Zitat
Sprintwertung
1. Jacques van Rensburg (SIL)
2. Lilian Jegou (CTT)
3. Mathieu Drujon (GCE)
Zweiter wurde also Jegou vor Drujon, doch diese Sprintwertung war ebenso für uns, wie auch für die Ausreisser natürlich sichtlich unwichtig. Das Spitzenquartett roch seine Chance auf den Etappensieg natürlich, sodass Jegou und Co. 20 Kilometer vor dem Ziel noch einmal eine Schippe drauflegten und das Tempo weiter hochhalten konnten. Der Vorsprung auf das Feld schmolz zwar, aber er schmolz nur sehr schleppend, weil im Peloton noch immer nicht mehr Teams sich bei der Tempoarbeit beteiligten, sodass 10 Kilometer vor dem Ziel noch 1:19 Minute auf der Habenseite der Ausreisser waren. Das schien nun auch ein Anlass für Francaise des Jeux zu sein, sich am Tempo zu beteiligen, doch von den so hoch gewetteten Teams Columbia und Saxo Bank war weiterhin keine Spur an der Spitze. Doch das Tempo wurde im Feld von den verbliebenen Helfern von BBox und Co noch einmal angezogen, was die Fahrer in der Spitzengruppe natürlich von ihren Teamwagen durchgesagt bekamen. Dies war wohl auch der Grund für die recht frühe Attacke in der Spitzengruppe, in der es bei Kilometer 7 vor dem Ziel mit der trauten Zusammenarbeit endgültig vorbei war, als Mathieu Drujon als wohl bekanntester Fahrer der Ausreissergruppe versuchte, die Gruppe zu sprengen. Und das mit Erfolg, denn lediglich sein Landsmann Jegou konnte ihm folgen, während van Renseburg und Eijssen mit den Kräften am Ende schienen und den Anschluss an das französische Duo nicht mehr halten konnte. Nun hieß es also zwei Fahrer gegen die Sprinterteams:
Zitat
Spitzengruppe
Lilian Jegou (CTT)
Mathieu Drujon (GCE)
Und nun lief das Tempo auch wieder in der Spitzengruppe, Jegou und Drujon gaben alles für den möglichen Etappensieg. Eine ProTour Etappe zu gewinnen, diese Möglichkeit bietet sich für zwei Fahrer dieses Kalibers, ohne ihnen zu nahe treten zu wollen, sicher nicht allzu häufig. Sie bauten den Vorsprung auf das Duo van Renseburg und Eijssen weiter aus, die beiden schienen vollkommen ausgepowert, klar, das sind zwei junge Fahrer, doch das Feld kam immer näher. Es sollte ganz eng werden heute. Und vorne gabs gleich die nächste Attacke, diesmal war es Lilian Jegou, der versuchte, solo davon zu fahren. Und er riss eine kleine Lücke zum Fluchtgefährten Drujon, doch dieser biss sich wieder heran an den Cervélo-Mann. Und solche Querelen konnten die beiden sich eigentlich nicht leisten angesichts des Pelotons, das immer näherkam. Doch der Vorspring stieg durch Jegous Attacke sogar wieder ein wenig, sodass es sehr gut aussah für die Ausreisser. Unter der Flame Rouge hatte das Feld die beiden noch immer nicht richtig in Sichtweite, sodass, als die beiden auf die 500 Meter lange Zielgerade einbogen, klar war, dass der Etappensieger heute auf Frankreich kommen, und entweder Drujon oder Jegou heißen sollte. Beide sind natürlich keine großartigen Sprinter, als den etwas endschnelleren Fahrer durfte man sicherlich Drujon sehen. Und während sich im Feld die Sprintzüge formierten, zug Jegou vorne, im Kampf um den Etappensieg, den Sprint von vorne, sicherlich aus der wesentlich ungünstigeren Position, an. Doch der Antritt von Jegou war gar nicht mal übel, Drujon schien einen Moment lang unkonzentriert und ließ ein kleines Loch reißen, das er erstmal wieder schließen musste. Drujon kam immer näher, 50 Meter vor dem Ziel lag Jegou noch vorne, es sollte ganz knapp werden zwischen den beiden Franzosen und es gewann..... Drujon! Sieg also für Mathieu Drujon von Caisse d´Epargne, der Lilian Jegou im Sprint knapp auf Rang zwei verweisen konnte.
Sieg für Mathieu Drujon!
Im Peloton ging es dann mit Rang drei immerhin noch um einen Podiumsplatz, auch wenn die Sprinter obgleich dieser ausgelassenen Gelegenheit sichtlich enttäuscht schienen. Rang drei konnte sich dann der Däne Matti Breschel sichern, der noch am zu früh im Wind stehenden Allan Davis vorbeizog, der Vierter wurde. Schon sehr ärgerlich für das Team Saxo Bank. Hätte man zwei-drei Mann in die Nachführarbeit geschickt, so wäre heute wohl der erste Etappenerfolg zu feiern gewesen. Der andere Topsprinter, Tom Boonen, sprintete indes nicht mehr mit voller Kraft mit und wurde noch hinter dem jungen Fabio Sabatini nur Sechster. Hier die Top Ten der Etappe im Überblick:
Zitat
1. Mathieu Drujon (GCE)
2. Lilian Jegou (CTT)
3. Matti Breschel (SAX) +0’11”
4. Allan Davis (BBO)
5. Fabio Sabatini (SIL)
6. Tom Boonen (THR)
7. Danilo Wyss (KAT)
8. Julian Dean (COF)
9. Nico Eckhout (QST)
10. Claudio Corioni (ISD)
Wie man sieht, konnten die Ausreisser also immerhin 11 Sekunden vor dem Feld ins Ziel retten. Ob sie das allerdings für eine achtbare Position in der Gesamtwertung qualifiziert, bleibt abzuwarten, da am Berg doch deutlich stärkere Fahrer am Start sind, diese 11 Sekunden natürlich auch nicht überzubewerten sind, und weil dieser erkämpfte Ausreisserfolg sicher auch viel Kraft gekostet hat.
Das war´s also von der ersten Etappe der Tour de Pologne 2009, schalten Sie auch morgen wieder ein, bis dahin, auf Wiedersehen!