Ich begrüße sie recht herzlich zur Coppa Agostoni 2009! Dieser Klassiker eröffnet die italienische Herbstklassikersaison und gehört zur Trittico Lombardo, einer inofiziellen Serie von drei aufeinanderfolgenden Rennen: die heutige Coppa Agostoni sowie der Tre Valli Varesine und die Coppa Bernocchi.
Die Coppa Agostoni wird rund um die italienische Stadt Lissone, in der Nähe von Mailand, im Nordwesten Italiens und zu Ehren des ehemaligen italienischen Klassikerjägers Ugo Agostoni - 1914 Sieger von Mailand-San Remo - ausgetragen.
Das Profil
Da haben Sie das Profil. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so schwer ausschaut, hat es das Rennen durchaus in sich. Zunächst stehen recht flache 30 Kilometer an, dann folgt ein sechsmal zu befahrener 25 Kilometer langer Rundkurs (demnach insgesamt 125 KM auf diesem Rundkurs) mit einem zweieinhalb Kilometer langen, durchschnittlich mehr als 9 % steilen Berg, der 152 km, 127 km, 102 km, 77 km, 52 km und 27 km vor dem Ziel befahren wird. Nach der sechsten Runde des Rundkurses folgen dann noch mal etwa 20 flache Kilometer.
Das Starterfeld ist nicht ganz so hochklassig besetzt, wie wir es aus den letzten Jahren gewohnt sind, ein Team sticht aber klar heraus: die belgische Equipe Silence-Lotto. Mit Filippo Pozzato stellt man den absoluten Hauptfavoriten, zudem steht das ganze Team aufgrund des Comebacks des Kasachen Alexandre Vinokourov im Rampenlicht. Andere Favoriten für das Rennen waren im Vorfeld der Italiener Giampaolo Caruso und der Niederländer Karsten Kroon (beide BMC Racing) und eventuell noch Santo Anza (Skil-Shimano) und Benoit Vaugrenard (Acqua & Sapone).
Zwei der Favoriten in einem Team: Vinokourov und Pozzato[/size]
Kommen wir nun zum Rennen, zunächst werden wir ihnen das bisherige Renngeschehen als Zusammenfassung zeigen um daraufhin LIVE in die finale Phase des Rennens zu gehen.
Bereits nach 2 gefahrenen Kilometern gab es die erste Attacke des Rennens, der Italiener Andrea Masciarelli von ISD-Danieli war es, der versuchte sich abzusetzen. Ihm folgten der Belgier Pieter van Speybroeck vom zweitklassigen belgischen Landbouwkrediet-Team sowie der Niederländer Koos Moerenhout von der vom Papier am besten besetzten Mannschaft des Rennens: Silence-Lotto.
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Andrea Masciarelli (ISD)
Pieter van Speybroeck (LAN)
Koos Moerenhout (SIL)
Schnell baute das Trio seinen Vorsprung zwar aus, im Hauptfeld ließ man aber keinen Zweifel daran aufkommen, dass man der Gruppe keine Chance lassen würde. Der Maximalvorsprung der drei betrug nach rund 60 Kilometern - also zu Beginn der zweiten Runde auf dem Rundkurs - 4:49 Minuten. Vor allem die niederländische Mannschaft Skil-Shimano deutete an, dass man heute einiges vorhatte. Bram de Groot, Marc De Maar, Michiel Elijzen und Kai Reus waren die vier Fahrer, die man die meiste Zeit an der Spitze des Hauptfeldes sehen konnte, gemeinsam mit Acqua & Sapone - für die der Brite Charly Wegelius sowie Geniez und van Renseburg Tempo machten - und dem schweizer-amerikanischen BMC-Team (Alexandre Moos & Steve Morabito) machte man Jagd auf die Ausreißer.
Etwa 78 Kilometer vor dem Ziel - bei der vierten Überfahrung des schweren Anstieges - hatte das Trio an der Spitze nur noch einen Vorsprung von rund einer Minute. Die italienische Mannschaft ISD wollte sich aber nicht geschlagen geben und attackierte mit Manuele Boaro aus dem Hauptfeld heraus.
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Manuele Boaro (ISD)
Der Italiener konnte sich maximal etwa 20 Sekunden vom Hauptfeld lösen, zu Beginn der fünften Runde des Rundkurses, konnte er zum Ausreißer-Trio um seinem Teamkollegen Andrea Masciarelli aufschließen, der Vorsprung war mit 15 Sekunden aber nur noch minimal, durch das nun höhere Tempo im Hauptfeld bekamen allerdings einige der eher sprintstarken Fahrer Probleme, so zum Beispiel der Franzose Geoffroy Lequatre von Acqua & Sapone.
Am Fuße des Anstieges - 55 Kilometer vor dem Ziel - war es um die Ausreißer geschehen, Gruppo compatto. Doch die nächsten Attacken ließen nicht lange auf sich warten, schon wieder war es ein Fahrer von ISD, schon wieder war es ein Masciarelli, diesmal allerdings Simone. Er führte die sehr offensive Vorstellung seines Teams fort, außerdem folgten ihm zwei Fahrer: Der Franzose Anthony Roux (Acqua & Sapone) und der Belgier Preben van Hecke (Landbouwkrediet).
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Anthony Roux (ASA)
Simone Masciarelli (ISD)
Preben van Hecke (LAN)
Das neue Trio konnte sich maximal dreißig Sekunden lösen, hinten übernahm mehr und mehr BMC das Kommando. Kurz nach Einfahrt in die letzte Runde betrug der Vorsprung nur noch 15 Sekunden, am Fuß des Anstieges - dessen letzte Überfahrung und somit die letzte Chance für bergfestere Fahrer anstand - war es auch um diese drei geschehen.
Im Hauptfeld sorgte BMC für ein sehr hohes Tempo und somit für eine Dezimierung des Pelotons, doch auch die nächste Attacke ließ nicht lange auf sich warten, Silence-Lotto wollte nun mit aller Macht das Feld sprengen, der Kasache Maxim Iglinskiy probierte es und konnt sich leicht lösen.
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Maxim Iglinskiy (SIL)
Maxim Iglinskiy (SIL) setzt die erste Attacke im Anstieg
Hinten machte aber weiterhin BMC mit Luca Mazzanti und Francesco Reda Tempo und so wurde Iglinskiy eineinhalb Kilometer vor dem Gipfel wieder gestellt, doch just in diesem Moment entstand ein regelrechter Attackenhagel, initiiert - wen wunderts - von einem Italiener von ISD-Danieli, dieses Mal deren nomineller Kapitän Paolo Bailetti.
Sehr viele Fahrer gingen nun in die Offensive und nutzen die letzte Überfahrung des Anstiegs zur Attacke, so dass sich eine 14 Fahrer umfassende Spitzengruppe bildete. Am Gipfel - 27 Kilometer vor dem Ziel - gab es folgende Rennsituation:
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Giampaolo Caruso (BMC)
Karsten Kroon (BMC)
Paolo Bailetti (ISD)
Filippo Pozzato (SIL)
Brice Feillu (SIL)
Alexandre Vinokourov (SIL)
Maxim Iglinskiy (SIL)
Santo Anza (SKS)
Manuele Mori (SKS)
Giairo Ermeti (SKS)
Alexander Khatuntsev (LAN)
Thomas de Gendt (LAN)
Benoit Vaugrenard (ASA)
Mickael Delage (ASA)
+0.45
Gruppe II, mit u.a. Guerra Garcia (SIL), Gatto (SIL) Rossi (BMC), Lequatre (ASA)
Auffallend natürlich die zahlenmäßige Überlegenheit von Silence-Lotto, die mit B. Feillu, Vinokoruov, Iglinskiy und Topfavorit Pozzato vier Fahrer in der Gruppe hatten, und Skil-Shimano, mit den drei Italienern Anza, Mori und Ermeti die zweitstärkste Kraft in der Gruppe.
Da jedes Team, das an den Start gegangen war, mindestens einen Fahrer in der Gruppe hatte, wurde der Vorsprung schnell größer und hinten war niemand mehr an einer möglichen Verfolgung interessiert. Vorne wechselte man sich gut ab, so dass die 14 Fahrer umfassende Spitzengruppe geschlosen mit einem Vorsprung von eineinhalb Minuten auf die letzten 15 Kilometer ging. Genau dort befinden sich die Fahrer in diesem Moment, so dass wir ihnen LIVE von den letzten entscheidenden Kilometern berichten können!
Genau, 14,5 Kilometer haben die 14 Fahrer an der Spitze noch zu absolvieren, momentan der Russe Khatuntsev von Landbouwkrediet vorne, jetzt wird er vom Kasachen Iglinskiy, der es bei der letzten Überfahrung des einzig echten Anstiegs hier als erster mit einer Attacke probiert hatte, abgelöst.
Im Moment sieht es nicht wirklich nach weiteren Attacken aus, jeder geht durch die Führung, so dass wir mal über die Favoriten sprechen können, sollte es zum Sprint der Gruppe kommen. Klarer Favorit natürlich Filippo Pozzato, außer ihm gibt es in der Gruppe keinen einzigen waschechten Sprinter, wobei einige durchaus Qualitäten im Sprint haben. So zum Beispiel der Niederländer Karsten Kroon (BMC), der Italiener Paolo Bailetti (ISD), der Belgier Thomas de Gendt (Landbouwkrediet) und der Franzose Mickael Delage (Acqua & Sapone). Ich kann mir aber kaum vorstellen, dass die anderen neun Fahrer in der Gruppe es auf einen Sprint ankommen lassen werden, wer weiß, ob es nicht noch mal zu einer Attacke kommt.
11 Kilometer noch bis ins Ziel - und da ist die angesprochene oder besser gesagt vermutete Attacke! Alexandre Vinokourov ist es, der sich hier versucht zu lösen! Der Kasache bei einem seiner ersten Rennen nach dem Comeback abermals in der Offensive, aber eine richtig große Lücke entsteht hier nicht. Giairo Ermeti von Skil-Shimano macht das Tempo in der Gruppe, jetzt geht wieder Khatuntsev an die Spitze, Vinokourov hat nur 10-15 Meter. 9,5 Kilometer noch bis ins Tagesziel, jetzt macht Kroon hinten das Tempo, alle Teams arbeiten jetzt zusammen gegen "Vino". Der Vorsprung wird sogar wieder kleiner, jetzt schaut er sich um, nein das wird nicht, Vinokourov nimmt die Beine wieder hoch, diese Attacke hat nicht gefruchtet.
Siebeneinhalb Kilometer sind noch zu absolvieren, das Tempo wird wieder rausgenommen, jetzt will niemand mehr so richtig in die Führung, langsam aber sicher beginnt schon das Taktieren. ATTACKE! Die nächste Attacke erfolgt, diesmal ist es Karsten Kroon von BMC.
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Karsten Kroon (BMC)
[size=85]Karsten Kroon attackiert!
Hinten ist man aber aufmerksam, wieder Skil-Shimano in der Verfolgung, jetzt Silence-Lotto, auch Kroon kommt nicht wirklich weg. Nein, auch Kroon nimmt wieder die Beine hoch, auch seine Attacke währte nicht lange, 5 Kilometer sind es noch bis ins Ziel. Wieder kehrt etwas Ruhe ein, wieder wird das Tempo herausgenommen, was kommt als nächstes? Eine weitere Attacke?
4 Kilometer noch - und am rechten Straßenrand geht der nächste! Brice Feillu von Silence-Lotto attackiert jetzt, ein Fahrer von Acqua & Sapone geht mit, das ist Benoît Vaugrenard, Wahnsinn, zwei Franzosen gemeinsam an der Spitze bei einem italienischen Klassiker! Ein weiterer Fahrer macht sich jetzt auf die Verfolgung, das ist Giampaolo Caruso von BMC, an seinem Hinterrad ein Fahrer von Skil-Shimano, das dürfte Santo Anza sein. Die beiden schließen zur Spitze auf, vier Fahrer jetzt vorne, noch fährt hinten keiner, die beiden zahlenmäßig überlegenen Teams Silence-Lotto und Skil-Shimano haben jetzt je einen Fahrer in der Gruppe. Allein Alexander Khatuntsev versucht verzweifelt die Lücke zu schließen, doch diese wird immer größer, das sind schon gut und gerne 10 Sekunden. Auch Paolo Bailetti versucht jetzt hinten Tempo zu machen, doch zu zweit haben Sie es gegen die vier vorne schwer.
Und das Quartett an der Spitze fährt unter der 2-Kilometer-Marke durch, hier haben wir die Bestätigung, dass es sich um die vier eben genannten Fahrer handelt:
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Giampaolo Caruso (BMC)
Brice Feillu (SIL)
Santo Anza (SKS)
Benoit Vaugrenard (ASA)
1,5 Kilometer noch, vorne ist man sich einig, dahinter weniger, 17 Sekunden die momentane Zeitmessung, Anza vorne an der Spitze, hinten ist es der Belgier de Gendt (LAN).
Flamme Rouge! Der letzte Kilometer steht an - und diesen Moment nutzt Benoît Vaugrenard zu einer erneuten Attacke! Was für ein Antritt des 27-jährigen Franzosen! Da hat er gleich eine Lücke von einigen Metern reißen können, dahinter schaut man sich nur an. Vaugrenard zieht jetzt voll durch, dahinter will niemand alleine hinterherfahren, 700 Meter noch! Jetzt endlich setzt sich Brice Feillu an die Spitze und macht Tempo, Anza löst ihn ab, jetzt fahren sie doch gemeinsam hinterher, dennoch hat Vaugrenard einige Sekunden Vorsprung. 500 Meter, rund 20 Meter Vorsprung für Vaugrenard, hinten geben die drei aber auch alles, Caruso dort momentan vorne. Vaugrenard beißt, die letzten Meter ziehen sich hin, 300 sind es noch an der Zahl, 250, 200, hinten eröffnet Feillu den Sprint und zieht los, an seinem Hinterrad Caruso, dahinter Anza. Vaugrenard hat nicht mehr viel Vorsprung, 100 Meter noch, reicht es oder reicht es nicht?! 50 Meter, Vaugrenard noch vorne, hinten ziehen Caruso und Anza an Feillu vorbei, 40...30...20...10...ES REICHT! Vaugrenard siegt mit zwei Sekunden Vorsprung, Giampaolo Caruso wird Zweiter, gefolgt von Santo Anza und Brice Feillu!
Aber auch dahinter kommt es noch zum Sprint um Platz 5, etwas mehr als 20 Sekunden haben die Verfolger, Pozzato entscheidet dessen Sprint locker für sich, Sechster wird Kroon, gefolgt von de Gendt (LAN) und Bailetti (ISD). Auch Delage, Mori und Iglinskiy waren noch vorne mit dabei.
Benoît Vaugrenard von Acqua & Sapone heißt also der Sieger der Coppa Agostoni, das Podium vervollständigen Giampaolo Caruso (BMC) und Santo Anza (Skil-Shimano)!
Ich verabschiede mich von Ihnen mit der Einblendung des Endergebnisses, den Top15:
01 Benoit Vaugrenard (ASA)
02 Giampaolo Caruso (BMC) 0.02
03 Santo Anza (SKS)
04 Brice Feillu (SIL)
05 Filippo Pozzato (SIL) 0.25
06 Karsten Kroon (BMC)
07 Thomas de Gendt (LAN)
08 Paolo Bailetti (ISD)
09 Mickael Delage (ASA)
10 Maxim Iglinskiy (SIL)
11 Manuele Mori (SKS)
12 Alexander Khatuntsev (LAN)
13 Alexandre Vinokourov (SIL)
14 Giairo Ermeti (SKS)
15 Enrico Rossi (BMC) 2.14