Live-Ticker Protokoll 1. Etappe
Herzlich Willkommen zur Fernfahrt Tirreno-Adriatico! Nun rollt sie so langsam richtig an, die europäische Radsportsaison! In Frankreich läuft derzeit das Rennen zur Sonne, und hier geht es nun auch so langsam los. Die Vorfreude ist hier in Livorno groß, aber dabei wollen wir nicht vergessen wem dieses Rennen gewidmet ist: Franco Ballerini.
Jetzt erst einmal widmen wir uns dem heutigen Tag. Es stehen 148 Kilometer über leicht hügliges Terrain an, auf dem Programm stehen zwei Bergwertungen sowie dann im Finale zwei Überquerungen eines kurzen knackigen Hügels hier in der Toscana. Ziel ist in Rosignano Solvay, ein etwas ungewöhnlicher Ortsname. Kurz noch zu den Bedingungen, die sind sehr günstig – so oder so ähnlich hätte es zumindest Fritz Walter gesagt. Es regnet wie aus einem Guss und kalt ist es auch noch. Immerhin liegt kein Schnee, aber der Wind kommt hinzu. Wir werden dann im Finale der Etappe live dabei sein und für Sie berichten.
Noch 43 Kilometer
Also, da wären wir wieder, ich heiße Sie wieder Willkommen aus Rosignano Solvay. Und in wenigen Minuten wird das Feld auch hier zum zweiten Mal hier im Zielort vorbeifahren.
Noch 41 Kilometer
Nun zunächst zur Rennsituation: Vorne befindet sich eine vierköpfige Spitzengruppe, darin finden wir zwei Italiener, einen Belgier und einen Russen. Der Star der Gruppe ist eben letztgenannter, Serguei Ivanov vom Team Bouygues Telecom. Die waren mal sechs Minuten in Front, mittlerweile sind diese sechs aber auf nur noch drei Minuten geschrumpft.
Und damit kommen wir zur Bouygues Telecom-Mannschaft. Neben dem Routinier Ivanov sind mit dem russischen Superstar Menchov und dem Sprinttalent Galimzyanov noch zwei weitere aus dem Osten vertreten. Auf Menchov dürfen wir sehr gespannt sein, aber vor allem auch Ivanov könnte das Terrain hier liegen. Genauso trifft dies auf die drei Italiener Ginanni, Bennati und Guarnieri zu, mit dem Toursieger von 2008, Cadel Evans, und Daniel Martin sind das einfach acht ganz starke Fahrer auf die es im Laufe dieser Woche zu achten gilt.
Noch 37 Kilometer
Damit passiert nun die Spitzengruppe zum zweiten Mal die Ziellinie, noch weitere zwei Passagen stehen aus. Ich habe den Namen vorhin bereits erwähnt, möchte aber in diesem Moment noch einmal darauf zurückkommen: Franco Ballerini. Er ist eine Legende des Radsports, immerhin gewann er in den 90ern zwei Mal Paris-Roubaix. Mit Mario Cipollini, Paolo Bettini und Damiano Cunego haben auch drei Fahrer ihm einen Weltmeistertitel zu verdanken, den er ihnen als Sportlicher Leiter der italienischen Nationalmannschaft beschert hat. Nur in Verona und Varese, da gelang es ihm beide Male nicht den Tifosi einen Titel zu schenken. Mit nur 45 Jahren starb Franco Ballerini am 7. Februar 2010 auf tragische Art und Weise als Beifahrer in einem Rallye-Auto in der Toscana. Nach seinem Tod veröffentlichte die A.S.O., die sowohl die Tour de France als auch Paris-Nizza und Paris-Roubaix veranstaltet, posthum eine Dankschrift mit dem Titel „Merci Ballerini“.
Noch 32 Kilometer
In diesem Jahr ist Tirreno-Adriatico, wie schon gewähnt, dem großen Ballerini gewidmet. Im Verlauf der Rundfahrt wird man immer wieder Regionen passieren, die Lebensabschnitte des Kopfsteinpflaster-Spezialisten symbolisieren, so wie seinen Geburts- oder Todesort.
Jetzt fällt es schwer den Bogen ins Renngeschehen zu finden. Wir probieren dies mit einem weiteren Italiener, ein lebendiger, sogar ein sehr junger, der auch für ein sehr junges Team fährt: Pierpaolo De Negri. Derzeit von Bouygues Telecom ausgeliehen, ist er für ISD-Neri unterwegs. Das Team wurde erst 2009 gegründet, doch nicht nur das Team ist jung. Auch die Mannschaft ist relativ jung, bei Tirreno-Adriatico bietet sich ein kurioses Bild. Fünf Fahrer, darunter auch der Kapitän Robert Kiserlovski aus Kroatien und der italienische U23-Weltmeister Damiano Caruso (ebenfalls von Bouygues Telecom ausgeliehen) können noch in der Wertung um das Nachwuchstrikot mitstreiten, die beiden Ukrainer Mitlushenko und Khalilov sowie der Italiener Andriotto dagegen sind sozusagen steinalt und haben die 30er-Grenze schon weit überschritten. Das Team wird wohl vor allem auf Attacken setzen, ist aber eines der wenigen für das dieses Rennen zu den absoluten Saisonhighlights gehört, sind sie doch durch eine Wildcard hier.
Noch 28 Kilometer
Andrea Tonti ist unser zweiter Italiener in der Gruppe. Er fährt für Lampre, das mittlerweile auch als Professional Continental-Team firmiert, also nicht mehr in der Pro Tour. Trotzdem rücken sie hier mit einer starken Mannschaft an, ihr Sprinter Francesco Chicchi ist in der Form seines Lebens. Stuart O’Grady gewann letztes Jahr Paris-Roubaix und wurde am Montelupone hier beim „Rennen zwischen den Meeren“ Vierter. Ihm liegt das Terrain also und ich denke wir können hier mit einem starken Auftritt der Lampre-Jungs rechnen.
Noch 26 Kilometer
So die Ausreißer dürften bald gefangen sein. Gleich geht es auch kurz bergauf, ein Anstieg von etwas mehr als einem Kilometer Länge und durchschnittlich fünf Prozent, in der Spitze neun Prozent Steigung, der zwei Mal überquert wird, steht an.
Und wo wir gerade bei Lampre waren zu einer der schlechten Nachrichten des Tages, die es heute wohl portioniert zu verabreichen gilt. Heute morgen wurde uns mitgeteilt, dass der 35-jährige Lampre-Pilot Massimo Giunti aus Italien aufgrund eines Dopingvergehens vorläufig von der UCI suspendiert wurde. Damit wurde er aus dem Aufgebot Lampres gestrichen, die nun mit nur noch sieben Mann hier antreten.
Noch 25 Kilometer
Und bevor die Gruppe geschluckt wird möchten wir auch das letzte Team vorstellen, das hier mit Romain Zingle einen Mann nach vorne geschickt hat: Francaise des Jeux. Deren team ist etwa vergleichbar mit dem von ISD, sehr sehr viele junge Fahrer, mit dem Unterschied dass sie die alten zu Hause gelassen haben. Leider aber auch ihre beiden Stars Philippe Gilbert und Vincenzo Nibali, sodass ihre besten hier Sabatini für die Sprints und Capecchi für das Gesamtklassement sind.
Noch 23 Kilometer
Jetzt ist es gleich vorbei, sie geben sich die Hand das war gute Arbeit. Am meisten mitgenommen haben von der Flucht dürfte Serguei Ivanov, der punktgleich mit Romain Zingle die Bergwertung anführt. Allerdings hat Ivanov Bonussekunden beim einzigen Sprint des Tages geholt, daher liegt er vor Zingle in der Gesamtwertung und darf daher morgen im Bergtrikot fahren.
Noch 21 Kilometer
Saxo Bank drängt nach vorne. Was für eine Mannschaft. Das muss man nicht analysieren, ich nennen ihnen die Namen und Sie wissen das auf Sie zukommt:
00/00/00 BASSO Ivan (SAX) 26.11.1977
00/06/06 CANCELLARA Fabian (SAX) 18.03.1981 Zeitfahrmeister Zeitfahrolympiasieger Zeitfahrweltmeister
00/01/01 CARUSO Giampaolo (SAX) 15.08.1980
00/01/01 MASCIARELLI Francesco (SAX) 05.05.1986
00/01/01 SANCHEZ GONZALEZ Samuel (SAX) 05.02.1978
00/00/00 SÖRENSEN Chris Anker (SAX) 05.08.1984
00/06/06 URAN Rigoberto (SAX) 26.01.1987 Zeitfahrmeister
00/01/01 VANSUMMEREN Johan (SAX) 04.02.1981 Straßenmeister
Noch 20 Kilometer
Zum zweiten Mal heute der Anstieg „Rosignano Marittimo“. Er wurde bereits in der ersten Rennhälfte erklummen, damals mit Bergpunkten prämiert, nun nicht.
Die Saxos mit einer beeindruckenden Überlegenheit vorne, das Tempo ist hoch und immer wenn wir das Ende des Feldes sehen wir gequälte Gesichter. Aber vorne auch, also dürfen wir beruhgigt sein, auch die müssen sich anstrengen, so wie Giampaolo Caruso jetzt.
Noch 17 Kilometer
Jetzt hat man die Abfahrt hinter sich. Heute ist der Auftakt zu einer relativ speziellen Tirreno-Adriatico-Woche. Eigentlich gibt es jeden Tag den Kampf Sprinter gegen Hügelsprinter gegen Hügelfahrer. Und das kennen wir von der Tour Down Under. Wie passend, dass diese ein „Saxone“ gewann, nämlich Michael Albasini. Falls Sie noch grübeln: Ein „Saxone“ kommt nicht aus Ostdeutschland und spricht nicht unbdeingt einen lustigen Dialekt.
Noch 15 Kilometer
Es stehen auch sieben Deutsche heute am Start, die im 151 Mann starken Feld durchaus Akzente setzen könnten. Wenn das Tempo von Saxo Bank so hoch bleibt, dann ist dies eine gute Situation für den Cervelo-Fahrer Henrich Haussler und den Mann von Caisse d’Epargne, Gerald Ciolek. In einem dezimierten Massensprint haben sie nämlich gute Chancen, wenn nicht Haussler Arbeit für Thor Hushovd absolvieren muss. Er ist nämlich Teil der nächsten bombenstarken Mannschaft, der wohl besten Equipe auf dem Terrain der Kopfsteinpflasterrennen. Auch hier stehen sie am Start mit einem Team, bei dem jeder zu den Kanidaten auf den Gesamtsieg hier gehört:
04 | 04 | 10 | ARVESEN Kurt-Asle (CTT) 09.02.1975
04 | 04 | 04 | BALLAN Alessandro (CTT) 06.11.1979
04 | 04 | 04 | BOASSON HAGEN Edvald (CTT) 17.05.1987
04 | 04 | 10 | HAUSSLER Heinrich (CTT) 25.02.1984
04 | 09 | 09 | HUSHOVD Thor (CTT) 18.01.1978
04 | 04 | 04 | POZZATO Filippo (CTT) 10.09.1981
04 | 09 | 09 | RASCH Gabriel (CTT) 08.04.1976
04 | 04 | 04 | VASTARANTA Jukka (CTT) 29.03.1984
Nun ja, wir fragen uns was Rasch und Vastaranta oder vielleicht auch Arvesen noch unter den restlichen Superstars zu suchen haben. Vielleicht ist aber genau das Rezept das zum Erfolg führt, nämlich dass hier auch die Fahrer dabei sind die klar wissen dass sie Helfer sind. Wir werden sehen ob es nicht vielleicht ein, zwei Stars zu viel sind.
Noch 12 Kilometer
Weiterhin passiert im Feld nichts außer Tempoarbeit von Saxo Bank. Wir nutzen das mal für einen weiteren Exkurs. Wer sind eigentlich die Favoriten auf den Gesamtsieg? Einige haben wir schon genannt, aber einen Joaquin Rodriguez von Omega Pharma wollen wir nicht einfach ignoieren. Gemeinsam mit Karsten Kroon dürfte er besonders auf der vierten und fünften Etappe zu beachten sein, wenn es so richtig steil im Finale wird. Genauso Robert Gesink aus der kasachischen Astana-Mannschaft. Ein deutsches Eisen im Feuer dürfte Linus Gerdemann sein, aktiv für das amerikanisch-schweizerische Team BMC. In den letzten Jahren wollte er immer an die Spitze des Tourklassements. Diese Pläne scheinen aber kaum zu verwirklichen für ihn. Nach einigen Jahren bei T-Mobile und Columbia ist er jetzt zu BMC gewechselt, vielleicht der entscheidende Kick in seiner Karriere. Eben dieses Columbia-Team hat mit Kim Kirchen und Givanni Visconti ebenfalls ein starke Doppelspitze. Beide konnten schon viele Siege einfahren, und beim Thema Kirchen können wir auch die Verknüpfung zum omnipräsenten Ballerini herstellen. Er war es nämlich, der 2008 die kleine Siegesserie der Italiener bei Weltmeisterschaften unterbrach, ausgerechnet in deren Heimat schlug er Alessandro Ballan und wurde Weltmeister von Varese.Für das einzige deutsche Team Milram sind wohl Stefano Garzelli und Michael Rogers die aussichstreichsten Fahrer.
Noch 9 Kilometer
Trotz des schlechten Wetters bisher kein Sturz, wir wollen es aber nicht verschreien und hoffen dass alle gut durch das Finale kommen. Allerdings ist es dadurch leider auch recht ereignisarm. Und das Wetter... es ist einfach grausam schlecht.
Noch 8 Kilometer
Und wieder donnert Saxo Bank in den Anstieg rein! Das Feld ging trotz des hohen Tempos bei der zweiten Passage tatsächlich immer noch geschlossen hier rein aber das ändert sich jetzt!
Sanchez geht.
Samy attackiert und jetzt ist Crunchtime. Rodriguez kommt sofort mit, auch Gerdemann sehen wir hat aufgepasst.
Noch 7 Kilometer
Sanchez geht soloüber den Gipfel und dahinter lang gezogen das Feld angeführt von einem Cervelo-Mann: Ballan.
Samy stürzt!
… sich in die Abfahrt. Kleiner Spaß. Der sympathische Baske hat viele Fans und denen stockte wohl nun das Herz aber keine Angst. Sanchez lenkt sein Rad unnachahmlich durch die Kurven.
Noch 5 Kilometer
Das Feld hat sich jetzt gefunden und umfasst etwa 60 Fahrer. Mark Cavendish, den Supersprinter haben wir schon entdeckt, er ist noch mit dabei. Francesco Chicchi, Robbie McEwen, Graeme Brown und Mark Renshaw sollen aber nicht mehr dabei sein.
Zehn Sekunden für Samy.
Noch 4 Kilometer
Cervelo an der Spitze des Feldes macht Dampf. Jetzt kommt Action hier rein, die wir lange Zeit vermissen durften.
Noch 3 Kilometer
Sanchez hält sich bei etwa 100 Meter Vorsprung, Augenmaß aus dem Heli.
Noch 2 Kilometer
Und auf einmal war der Spaß vorbei, von hinten kommt Cervelo heran. Aber man muss auch sagen das ist irre was die hier aufstellen.
Haussler liegt gut! Wo sind Cav und Farrar?
Pozzato an der Spitze des Rennens.
Noch 1 Kilometer
Unter der Flamme Rouge, nix zu machen für die Konkurrenz.
Cervelo unbeeindruckt.
Haussler! Aber an seinem Hinterrad ist, wie fast „befürchtet“ Hushovd. Ciolek sehn wir nicht.
Hushovd kommt!
Da ist Farrar, wo ist Cav?
Ziel
Hushovd gewinnt! Ohne Probleme.
Ciolek konnte ich da auf Platz fünf eventuell erkennen, relativ nah beim etwas enttäuschenden Cavendish der sicherlich eingebaut war.
Hushovd gewinnt vor Freire und Farrar. Vierter der Italiener Gatto, Fünfter Cavendish.
Auf der nächsten Seite sehen wir jetzt Ciolek auf Platz sechs, Haussler rollt auf Platz zehn aus, das können auch nur die wenigsten.
Hier das Top Ten Ergebnis:
01. HUSHOVD Thor (CTT)
02. FREIRE GOMEZ Oscar (OLO) + 0.00
03. FARRAR Tyler (TSV)
04. GATTO Oscar (BMC)
05. CAVENDISH Mark (THR)
06. CIOLEK Gerald (GCE)
07. DAVIS Allan (RSH)
08. SABATINI Fabio (FDJ)
09. BENNATI Daniele (BBO)
10. HAUSSLER Heinrich
Hushovd damit heute der Kanibale. Gesamtführung, Sprintwertung, Etappensieg. OK, das Bergtrikot wöre auch etwas zu viel verlangt.
Cav jetzt am Mikro, und wir hören nur dass er natrülich nicht zufrieden ist mit dem heutigen Tag. Er sagt, er fühlte sich gut aber im Finale hat es einfach nicht geklappt. Offensichtlich klappt die Zusammenarbeit mit Grillo noch nicht so optimal.
Haussler und Hushovd sind als Duo am Mikrofon. Die beiden strahlen natürlich über beide Ohren, mal sehen was die nächsten Tage für sie bringen.
So, und damit war es das auch für mich. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe dass Sie morgen wieder mit dabei sind. Dann steht ein Rennen rund um Montecatini Terme an, es wird wieder hügelig aber erneut nicht zu schwer. Auch die zweite Etappe wird also spannend, bis dahin, auf Wiedersehen.