Hallo und herzlichen Willkommen zur 98. Ausgabe des traditionellen 'Sheldeprijs' auf den belgischen Straßen von Antwerpen nach Schoten. Die Flandern-Rundfahrt im Rücken und die "Hölle des Nordens" Paris-Roubaix vor der Brust, bildet der 205 km lange Scheldeprijs nocheinmal einen echten Härtetest für die Kopfsteinpflasterspezialisten. Start und Zielort liegen hier nur wenige Kilometer entfernt, dazwischen müssen die Fahrer gen Nordosten, um anschließend wieder in den südlichen Abschnitt zurückzukehren. 14 Teams sind hier und heute an den Start gegangen und die Liste der Favoriten ist definitiv lang - vorallem, da auch Sprinter eine gute Möglichkeit auf den Sieg haben, da die traditionellen 'Hellingen' heute nicht zahlreich vorhanden sind, sondern die Fahrer lediglich einige Paveé-Stücke vor sich haben, die allerdings größtenteils flach sind.
Der Topfavorit ist dabei schnell gefunden, schließlich ist der britische Superstar Mark Cavendish (HTC-Columbia) am Start. Cavendish konnte dieses Rennen bereits im Jahr 2008 für sich entscheiden und wird heute nur sehr schwer zu schlagen sein. Die Herzen der einheimischen Fans schlagen dagegen höchstwahrscheinlich für Gert Steegmans (Topsport) und Jens Keukeleire (Quick Step), denen heuer auch gute Chancen auf eine Podest-Platzierung gegeben werden. Insbesondere der 21-jährige Keukeleire dürfte nicht zu unterschätzen sein, schließlich hat er erst vor einigen Tagen den Drei Tagen von Westflandern eindrucksvoll seinen Stempel aufgedrückt. Mit Altmeister Robbie McEwen (Cofidis) taucht immer wieder in den Gazetten auf, wenn die Favoriten unter die Lupe genommen werden. Gleiches gilt für den noch weitaus jüngeren Borut Bozic (Skil) und José Joaquin Rojas Gil (Voralberg) - vorallem Bozic wird hoch gehandelt, schließlich hat er bei diesem Rennen in der Vergangenheit auch schon starke Leistungen bei diesem Rennen geboten. Außenseiterchancen werden im Gebiet der Sprinter zudem Tyler Farrar (TSV), Robert Hunter (VGB), Dominique Rollin (EUS), Mattia Gavazzi (GRM) und Jimmy Casper (ALM) nicht vergessen. Ein Auge muss man aber zwangsläufig auch auf die 'echten' Kopfsteinpflasterspezialisten ala Flecha, Hincapie, Burghardt, Gilbert oder auch Knaven richten. Nunja, wer auch immer hier am Ende jubeln wird, ich hoffe wir werden ein spannendes Rennen erleben und geben nach einer Impressionen aus dem vergangenen Jahr auch live ins Rennen:
Das Rennen ist in vollem Gange und vor dem Feld hat sich eine vierköpfige Ausreißergruppe absetzen können. Im Moment hat das Quartett einen Vorsprung von Rund drei Minuten auf das jagende Hauptfeld, allerdings sind es bis ins Ziel noch knapp 43 Kilometer, so dass es - wie es aussieht - nicht nach einem Ausreißersieg ausschaut. Aber werfen wir doch zunächst einen kurzen Blick auf die Besetzung der Gruppe:
Rubens Bertogliati (VGB)
Servais Knaven (SKS)
Johan Coenen (LAN)
Maarten Wijnants (ALM)
Auch Charteau (VAC) und Erviti (GCE) hatten an diesem Nachmittag Interesse daran, in die Gruppe zu kommen, doch sie schafften den Sprung nicht. Der heutige 39-jährige Servais Knaven hat von den vier Flüchtlingen sicherlich den größten Erfolg auf Kopfsteinpflaster vorzuweisen, schließlich gewann der Niederländer 2001 den König der KSP-Klassiker Paris-Roubaix. In den letzten Jahren lief beim Oldie allerdings nicht mehr besonders viel zusammen, so dass man im Feld von keiner allzu großen Gefahr ausgeht und die Gruppe mit ihm zunächst fahren lässt. Eidgenosse Rubens Bertogliati ist dagegen nicht unbedingt der Fahrer, den man auf diesem Terrain vorne erwartet, schließlich sind eher die Ansteige sein zu Hause. Während Johan Coenen ebenfalls nicht die großen Ergebnisse einfahren konnte, ließ Maarten Wijnants vor wenigen Tagen bei der Flandern-Rundfahrt aufhorchen lassen, als er auf einem starken 19. Platz das Ziel erreichen konnte. Doch, obwohl die Ausreißer gut harmonieren und ein sichtbares Interesse besteht, gemeinsam das Ziel zu erreichen, wird es heute sehr sehr schwer, denn das Hauptfeld jagt den vier Ausreißern hinterher.
Columbia, Quick Step, Francaise des Jeux, Topsport und Euskaltel haben sich der Aufgabe der Verfolgung angenommen und schicken insgesamt ganze 16 Fahrer nach vorne, die sich vor das Feld spannen und hier für ordentlich Tempo sorgen. [...] Dieses Tempo macht sich auch deutlich bemerkbar, schließlich ist der Vorsprung vor den letzten beiden Runden schon ordentlich zusammengeschmolzen und man kann den Ausreißern kaum mehr Chancen anrechnen. In Kürze wird das Peleton dann auch die letzten beiden Runden in Angriff nehmen, welche mit zwei Pavé-Passagen von jeweils 1,7 Kilometern eine Vorentscheidung bringen könnte. Gut 33 Kilometer sind es noch bis ins Ziel und wir verabschieden uns noch zu einer kurzen Werbepause, ehe wir mit der endgültigen Entscheidung zurückkommen.
[...] Das erste der beiden Pavé-Stücke ist erreicht und plötzlich zeigen sich die Spanier von Caisse d'Espargne an der Spitze des Feldes. Van Impe, Kuschyinski und Kloostergard haben hier von ihrem Manager PS wohl die Aufgabe bekommen, die schwachen Kopfsteinpflasterfahrer unter den Sprintern abzuhängen. Sie fahren hier jetzt schon ein unglaubliches Tempo, denn die Jungs in schwarz-rot wollen jetzt wohl die Vorentscheidung herbeiführen. Das Feld ist weit in die Länge gezogen, aber soweit ich das überblicken kann, hängen wohl noch alle Fahrer dran. Allerdings ist das Pavé-Stück nun auch schon wieder vorüber und Caisse d'Espargne muss einsehen, dass der Versuch die Sprinter zu eliminieren noch nicht von Erfolg geprägt war, wenn gleich auf der letzten Runde nochmals die Möglichkeit besteht, hier etwas auszurichten.
[...] Nun steht die letzte Pavé-Passage kurz bevor. Der Vorsprung der Ausreißer ist fast dahin geschmolzen und bis ins Ziel sind es noch gute 15 Kilometer. Wieder zieht Caisse d'Espargne das Tempo gehörig an und wieder zieht sich auch das Feld weit in die Länge. Eine solche Rennsituation kann hier jetzt die Entscheidung herbeibringen, da auch durchaus die Gefahr einer Windkante gegeben ist. Die Männer von Caisse opfern sich für ihre Kapitäne Hincapie und Maaskant hier richtig auf und prägen das Rennen in dieser Phase. Doch: Die Arbeit ist wohl relativ umsonst! Das Feld ist - wie angesprochen - zwar in die Länge gezogen, doch noch hat kein Fahrer den Anschluss verloren. In diesem Moment fliegt das Peleton nun an den ehemaligen Ausreißern vorbei, deren Flucht ist nun Geschichte. Es sind noch knapp 10 Kilometer jetzt. Das Rennen beginnt nun praktisch neu. Attacke! Da probiert's schon einer! Das ist definitiv ein Sky-Trikot, der Streckenfunk meldet es ist der Schweizer Martin Elmiger der hier angegriffen hat. Mouris (Ag2r) ist dabei und auch Caisse d'Espargne hat seine Hoffnungen noch nicht aufgegeben und hat hier mit Maaskant einen Fahrer in der Dreiergruppe dabei. Und das sieht wirklich gut aus! Da ist eine richtige Lücke gerissen und im Feld entsteht eine Menge Unruhe.
[...] Noch 7 Kilometer bleiben bis ins Ziel. Elmiger, Maaskant und Mouris sind immernoch vorne, allerdings ist man sich im Feld inzwischen wieder relativ einig und schlägt ein hohes Tempo an. Ich würde die Chancen des Trios derzeit auf 30% zu 70% schätzen, doch hier scheint alles möglich. Aber im Feld drücken sie jetzt brutal drauf! Sie fliegen hier ja förmlich an die Ausreißer heran, der hier jetzt auch herausnehmen, da sie merken, wie übermächtig dieses Feld nun erscheint. Jetzt kommt es zum Zusammenschluss ... doch, nächste Attacke! Sofort geht es weiter mit den munteren Angriffen. Ben Hermans vom österreichischen Voralberg-Team hat jetzt die Initiative ergriffen. Nico Sijmens (LAN) und Frederic Amorison (VAC) schließen sich dem Belgier an. Besonders Amorison ist ein interessanter Kandidat, schließlich ist der Amerikaner - wie man hört - bei seinem Team nicht unumstritten und soll demnach auch verkauft werden. Mit einem Sieg am heutigen Nachmittag könnte er seine Ablösesumme natürlich gewaltig in die Höhe drücken - der Plan von Manager DaN? Aber, ich rede hier und das Feld fomiert sich schon wieder. Ganz ehrlich: Auch diese Attacke wird nicht von Erfolg gekrönt sein, denn das Feld ist schon wieder bis auf wenige Meter dran. Sollte es jetzt keine Angriffe mehr geben, wird der Massensprint heute einmal mehr Aufschluss über den Sieger geben.
Die Sprinterteams haben sich alle vorne formiert und auch der Rest des Peletons hat sich damit abgefunden, dass es hier zum Sprint kommen wird. Der letzte Kilometer! Wenn Sie mich fragen, ist Keukeleire hier ein Kandidat auf den Sieg, denn der junge Belgier sieht hier stark aus. Cavendish ist auch vorne zu sehen, McEwen klebt dahinter. Viele Teams verlassen sich auf ihre Sprinterzüge, doch wer ist hier und heute der stärkste Mann mit dem besten Team im Rücken. Die letzten 500m! Bozic und Rojas Gil bringen sich am rechten Straßenrand jetzt in Position - mit ihnen wird zu rechnen sein. Jetzt kommt McEwen, der Australier mit einem starken Antritt, aber er scheint hier etwas zu früh im Wind. Keukeleire war hier auch vorne, aber er scheint das Tempo der absoluten Stars nicht fahren zu können. Da kommt nun Cavendish, Cavendish, der Brite, ein souveräner Sieg wie es scheint, aber da kommt der Amerikaner Tyler Farrar, kommt der da noch hin, ein Wahnsinns-Sprint, Farrar oder Cavendish - der Rest ist geschlagen - Amerika gegen Großbritannien, McEwen ist geschlagen, der Rest auch, von einem Steegmans war nichts zu sehen, aber sein Teamkollege... Farrar! Der Amerikaner jubelt! Cavendish schlägt enttäuscht auf seinen Lenker, er war hier wohl einen Tick zu früh vorne, exakt wie Robbie McEwen, der hier Dritter wird. Einen guten Sprint fuhren ebenfalls Borut Bozic und José Joaquin Rojas Gil, die die Plätze vier und fünf belegen. Das komplette Resultat entnehmen sie bitte in wenigen Minuten dem Videotext und wir verabschieden uns somit mit dem Bild des Siegers und wünschen noch einen angenehmen Abend.