Mit Paris Roubaix sind wir beim 3. Monument des Radsports nach Mailand San Remo und der Flandernrundfahrt. Und dieser Klassiker hat es wirklich in sich. ÜBer 50km Kopfsteinpflaster in teils sehr schlechtem Zustand. Platten und Stürze sind quasi vorprogrammiert.
Die meisten Radrennen haben ihre Besonderheiten. Paris Roubaix hat gleich mehrere. Der Wald von Arenberg oder das Velodrom in Roubaix sind vermutlich die Bekanntesten. Fast 30 Kopfsteinpflasterabschnitte sind auf den rund 260km langem Kurs verteilt. Viele davon im schlechtesten Zustand. Nicht umsonst wird das Rennen auch "Hölle des Nordens" genannt. Entweder man liebt oder man hasst das Rennen.
Viele Fahrer bereiten sich Jahr für Jahr auf dieses Event vor. Der Sieger wird wochenlang in den Medien gefeiert und hat seine Saison schon früh erfolgreich absolviert. Häufig fällt die Vorentscheidung am Wald von Arenberg, einem besonders anfordernden Pavè-Sektor. Zwr liegen noch fast 100km vor den Fahrern, aber wer hier stürzt, zurückfällt oder auch nur einen Platten bekommt, wird sehr große Schwierigkeiten bekommen, das Rennen in den vorderen Plätzen abzuschliessen.
Die Favoriten sind ähnlich wie bei der Flandernrundfahrt. Dort hatte FDJ klar dominiert und zählt auch hier wieder zu den Topfavoriten. Besonders Boonen dürfte allerdings was dagegen haben. Der Belgier scheiterte in Belgien hauptsächlich an den schweren Anstiegen. Dieser Kurs ist nahezu flach und somit dürfte er der große Favorit sein.
Auch die anderen Sprinter wie Hushovd, Eisel, Haussler, Breschel etc. dürften hier größere Ambitionen haben und wollen sicherlich das Rennen mitentscheiden.
Kommen wir zum Start. Nur 11 Teams sind am Start. Eine recht enttäuschende Anzahl, wenn man bedenkt, dass hier auch schon doppelt so viele Fahrer über die engen Straßen fuhren. Somit mag die Positionierung evtl. weniger wichtig werden. Auf der anderen Seite sind die Teams mehr gefordert und müssen längere Nachführarbeiten machen.
Wie zu erwarten war, versuchen die ersten Fahrer direkt nach der neutralen Zone davonzufahren. Und anders als in Flandern gelingt es hier direkt beim ersten Versuch.
Die Gruppe des Tages:
Zitat
SEUBERT Timon (APP) 23.04.1987
JARC Blaz (APP) 17.07.1988
CHERNETSKIY Sergey (RNT) 09.04.1990
ENGOULVENT Jimmy (COF) 07.12.1979
WILLEMS Frederik (LTB) 08.09.1979
Mit Seubert und Chernetskiy haben es dieses Mal zwei Fahrer geschafft, die in Flandern noch gescheitert sind. Vermutlich haben sie harte Worte der Teamleitung über sich ergehen lassen müssen.
Rabobank (Terpstra), GreenEDGE (Hushovd) und Omega Pharma Quickstep (Boonen) kümmern sich um die frühe Nachführarbeit. Das Quintett wurde ein Abstand von 5min erlaubt. Sonst passierte hier relativ wenig. Die schweren Kopfsteinpflaster Sektoren kommen erst noch in der zweiten Rennhälfte. Die ersten zehn wurden lediglich überfahren ohne, dass irgendwas Besonderes passierte. Alle Favoriten sind natürlich noch in dem großen Peloton vertreten.
Kommen wir nun also zum Sahnestück dieses Rennens. Der Wald von Arenberg. Werden wir hier erneut eine Vorentscheidung zu sehen bekommen? Bleiben die Favoriten von Defekten und Stürzen verschont? Hier gibt es direkt die ersten Attacken. Quicksteps Kwiatkowski und NetApps Klemme versuchen es.
Allerdings setzt nun vor allem FDJ für Gilbert und Cancellara nach und erhöhen das Tempo deutlich. Auch Cofidis für Sagan und GreenEDGE sind vorne in der Tempoarbeit dabei.
Besonders interessant ist immer die Standkamera am Ende des Waldes. Als ersten entdecken wir Jarz, der die Gruppe offensichtlich mit einer Attacke distanziert hat und nun solo unterwegs ist. Ganze 40s später kommt erst der Rest der Gruppe heraus. Das Feld liegt nur noch knapp unter 3min hinter dem Führenden. Somit haben wir hier dieses Mal noch keine Favoritenangriffe oder Defekte zu verzeichnen.
Allerdings ist das Peloton bereits auf rund die Hälfte geschrumpft und nur noch ~40 Fahrer befinden sich in der Favoritengruppe.
In der Spitzengruppe fallen nun Seubert und Chernetskiy zurück, da Willems und Engoulvent nun deutlich an Tempo zugelegt hatten und auch wieder an Jarz herankommen. Allerdings spielt das alles keine wirkliche Rolle mehr. Bei der 200km Marke und noch rund 60km zu fahren, wird so langsam das Finale eingeläutet. Auch die letzten drei Ausreißer werden nun vom Feld gestellt und somit warten wir nun auf die nächsten Attacken.
Nach wie vor lassen die Topfavoriten ihre Helfer ein gutes Tempo vorlegen, sodass sich momentan nur belauert wird und sich niemand wirklich traut die erste Attacke zu setzen.
Wir befinden uns bereits in Sektor 6. Nur noch knapp über 20km zu fahren und nach wie vor alle Favoriten beisammen. Nun sehen wir allerdings die große Statur des Norwegers nach vorne kommen. Thor Hushovd zieht gleich durch und attackiert. Die Favoriten müssen nun natürlich reagieren.
Situation nach Hushovds Attacke:
Boonen (OPQ)
Boasson Hagen (OPQ)
Cancellara (FDJ)
Oss (FDJ)
Sagan (COF)
Haussler (COF)
Eisel (LTB)
Chavanel (RNT)
Vansummeren (SAX)
Terpstra (RAB)
Cooke (UHC)
Rest
Bei 8 von 12 sehr schnellen Leuten in dieser Gruppe sind die anderen vier natürlich nun gefordert, da sie sonst schlechte Karten haben würden.
Besonders Cancellara ist in einem Dilemma. Zwar hat er mit Oss noch einen Helfer an seiner Seite, der vielleicht selber auch um die Top5 mitsprinten könnte. Allerdings kann das nicht das Ziel der Mannschaft sein. Der Schweizer will hier sicherlich den Sieg, doch Oss kann nicht weiter zulegen, um die Sprinter abzuschütteln.
Und erwartungsgemäß greift der Ronde Gewinner nun an. Bei noch rund 15km zum Ziel im Carrefour de l'Arbre. Ein paar Fahrer können ihm folgen. Besonders ärgerlich für den Schweizer mit Sicherheit Tom Boonen.
Stand nach Sektor 4:
Boonen (OPQ)
Vansummeren (SAX)
Chavanel (RNT)
Sagan (COF)
Boasson Hagen (OPQ)
Hushovd (GEC)
Oss (FDJ)
Eisel (LTB)
Terpstra (RAB)
Cooke (UHC)
Auch der zweite Cofidis Fahrer hat nun große Probleme. Heinrich Haussler kann der Tempoverschärfung nicht mehr folgen und bricht ein. Der Australier steht nun fast und verliert sehr schnell.
Die ersten Fünf erreichen zusammen ins Velodrom ein. Es gab keine Attacken mehr, was dann doch etwas überraschend ist. Allerdings haben die Fahrer bereits viele harte Kilometer in den Knochen und waren vermutlich zu erschöpft. Ein weiterer Grund war vermutlich die Austrahlung der Überlegenheit bei Tom Boonen.
Die nachfolgende Gruppe kam zwar wieder etwas heran aber ein Zusammenschluss war eigentlich immer ausgeschlossen, da die Fahrer vorne dann doch den stärkeren Eindruck machten und zum Ende hin noch versuchten sich gegenseitig zu belauern.
Im Sprint sehen wir Vansummeren nun an erster Stelle. Ein unglückliches Los. Dahinter dann schon Boonen, Cancellara und Chavanel. Sagan musste eine kleine Lücke lassen.
In der letzten Kurve zieht Boonen dann an seinem Landsmann vorbei und zieht Cancellara und Chavanel mit sich. Keiner der Beiden hat allerdings noch die Kraft oder die Schnelligkeit, um Boonen zu schlagen. Hintereinander überqueren sie die Zielline. Vansummeren wird letztendlich 4. Sagan 5. Vorne sehen wir natürlich einen strahlenden Sieger.
Den Sprint der nächsten Gruppe entscheidet Bernhard Eisel für sich und weist Hushovd und Cooke in die Schranken.
Ergebnis
2. Fabian Cancellara (FDJ)
3. Sylvain Chavanel (RNT)
4. Johann Vansummeren (SAX)
5. Peter Sagan (COF) +4 Sek.
6. Bernhard Eisel (LTB) +12 Sek.
7. Thor Hushovd (GEC)
8. Baden Cooke (UHC)
9. Niki Terpstra (RAB) alle gleiche Zeit
10. Daniel Oss (FDJ) +45 Sek.
11. Edvald Boasson Hagen (OPQ) +55 Sek.
12. Taylor Phinney (SAX) +1:30
13. Vladimir Gusev (GRM) +1:46
14. Hayden Roulston (GEC) +2:11
15. Lars Boom (SAX)
16. Sep Vanmarcke (RAB)
17. Alexander Kuschynski (RNT)
18. Michael Schär (APP) alle gleiche Zeit
19. Aleksejs Saramotins (GRM) +3:20
20. Heinrich Haussler (COF) +3:33
21. Philippe Gilbert (FDJ) +4:05
22. Matti Breschel (SAX)
23. George Hincapie (UHC)
24. Stijn Devolder (OPQ)
25. Kristoff Goddaert (LTB) alle gleiche Zeit